Samstag, 13. Dezember 2008

Hören, Vergessen und Amazone

Mit der Soße schmeckt alles besser. Theoretisch kann man alles essen. Man kann sogar tödliches Gift essen, zuerst soll man allerdings die richtige Soße dazu finden. Somit lässt sich alles schmecken und daher schmeckt Quatsch mit der Soße viel besser als ohne. Und diejenigen, die immer noch damit nicht zu recht kommen, sollen unbedingt das Essen lernen. Es gibt jede Menge Kurse und Lehrgänge in verschiedenen Stufen um uns die richtigen Verhaltens beibringen, die zwar sehr wichtig sind aber wir vernachlässigen sie, weil wir nicht wissen, dass diese wichtigen Dingen so wichtig sind wie sie sind. Und weil die meisten Menschen nicht richtig und sachmäßig essen können und falsche Essgewohnheiten haben, oder die Philosophie des Essens ihnen unbekannt ist und vom Essen weniger erwarten als es zu bieten hat, oder weil die Menschen dem Essen nicht ausreichend Aufmerksamkeit zuwenden, und was weiß ich noch warum, geht jedes Jahr eine Menge nicht gegessenes oder halb gegessenes aber auch schlecht gegessenes Essen verloren, obwohl es zahlreiche Geschmackverstärker und auch natürliche und übernatürliche Gewürze gibt, die als Esshilfe eingesetzt werden können. Vondaher ist es erforderlich die Gesetze und die Prinzipien des Essens zu erlernen und am besten einen entsprechenden Kurs dafür zu besuchen.
Das mit dem Essen ist nur ein Beispiel zwischen vielen anderen Bedürfnissen, Aufgaben und Pflichten, die sehr wichtig und genauso banal sind. Eigentlich sind die sehr wichtige Dinge, sehr unwichtig, weil sie total banal scheinen. Und gerade diese Banalität überschattet die Wesentlichkeit und Bedeutung all deren, die sehr Signifikant und sehr Vital sind und lebenswichtig aber von Menschen läppisch behandelt und wie Restpost und Sonderangebot verkauft werden.
Mit dem Essen komme ich selbst so gut klar, damit habe ich kein Problem, das habe ich automatisch gelernt. Vielmehr brauche ich einen Kurs dagegen. Nicht ohne Grund und nicht nur von ungefähr gibt es heutzutage diese Vielfalt von Kursenangebote für und gegen irgendetwas. Es ist ein Erlebnis, einen Kurs zu besuchen, den die anderen noch nicht besucht haben. Es verschafft dem einen Vorsprung und dem anderen Arbeitsplatz.
Dass ich in Fach Essen zu gut bin ist nicht optimal. Es ist eher eine Schwäche, die beseitigt werden soll, dass heißt in diesem Fall einen Kurs dagegen zu besuchen.
Ich weiß seit langem, dass ich einen Lehrgang dagegen belegen soll. Es ist schon längst fällig.
Dass ich es noch nicht bewirkt und diese Pflicht noch nicht erfüllt habe, liegt wahrscheinlich daran, dass meine Motivation dafür noch unzulänglich ist, oder vielleicht habe ich dazu einfach keine Lust. Und gerade deswegen bieten die Experten geeignete Kurse um die Menschen zu motivieren und auf die Lust zu bringen. Anders formuliert, soll ich zuerst einen von diesen lustigen Kursen belegen und dann mit genuger Motivation weiter machen. Aber wer soll mich motivieren nach der Motivation zu suchen!


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Jedenfalls habe ich in der letzten Zeit die Motivation gehabt an einem von diesen genialen Kursen teilzunehmen. In diesem Kurs habe ich unter anderem „ das Hören „ gelernt.
Das hören ist der erste und wesentlichste Schritt in Richtung der Entwicklung,
Vernunft, Menschlichkeit und des Weltfriedens, sagt der Kursleiter Herr Professor. Dr.
Das hören ist ein unersetzliches Reichtum und je mehr der Mensch hören und lauschen kann, desto mehr bekommt er. Und ein guter Zuhörer weiß genau worum es geht. Aber die Zuhörer hören nicht richtig zu, weil sie es nicht gelernt haben, sie können einfach nicht richtig und effektiv zu hören. Somit gehen immer wieder Informationen verloren. So wird die Informationtransfer gestört, so können die Informationen die Empfängern, die diese unbedingt benötigen nicht erreichen. Und diese Informationmangel verursacht große Schäden und Verluste. Die Produktivität nimmt stark ab. Die Volkswirtschaft bleibt im Wettbewerb zurück und kann sich nicht so recht entfalten und gerät in Rezession, die Preise schießen nach oben und die Menschen verlieren ihre Arbeitsplätze … und ich verstehe nicht vieles davon, aber egal.
Vielleicht würde ich am Ende dieses Lehrgangs den Zusammenhang zwischen dem Zuhören und der Volkswirtschaft einigermassen begreifen, dachte ich am Anfang. Aber bis dahin soll ich nur den Herrn Professor Dr. genau zu hören und aufpassen um nichts zu verpassen. Man darf den Mut nicht verlieren, dachte ich weiter.


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Wenn ich heute nachdem der Kurs längst beendet ist, mit einem mehr mehrmonatigen Zeitabstand die Sache überblicke, muss ich gestehen, um ehrlich zu sein, dass ich nicht gut genug zu gehört habe und ich muss bedauerlicherweise feststellen, dass ich vieles verpasst habe dadurch, dass ich damals das Hören nicht ernst genommen und ihm nicht genug meine Aufmerksamkeit gewidmet habe, weil ich daran nicht geglaubt hatte und weil es so viel Zauberformel und Talismane gibt, die auch unerhörte Wunder vollbringen, woran ich genauso wenig glaube.
Ich habe nur so flüchtlich mitbekommen, wenn ich auf mich verzichten könnte, könnte ich dann z. B. die Umwelt vor allen Belastungen und Pollutionen schützen, oder der Amazone vom Ausrotten retten, sogar die ganzen Weltkonflikte zu Ende bringen und die Weltfrieden untermauern. Schade, dass ich nicht auf mich verzichten lernen habe. Sonst gäbe es jetzt keinen Krieg auf der Welt und keine Wirtschaftskrise und es gäbe keine Arbeitslose und keine Harz- IV Empfänger. Mann soll nur auf sich verzichten können. Man soll anders denken und anders reden. Vor allem muss man seine Sätze neu formulieren. Die Sätze dürfen kein „ ICH „ beinhalten. „ Die Sätze ohne ICH „
sind die fundamentalen Elemente der Natur, sagte Herr. Professor Dr.

Man soll nur ein paar Regeln lernen. Die Zunge soll sich nur so in den Mund drehen, dass sie kein „ ICH „ raus bringt. Dann würde Frieden und Freude herrschen. Die Weltfrieden liegt hinter unseren Zungen, und weiter hinter liegt die Klimaschutz und dahinter die Wälder von Amazone und ganz hinter liegt ein Paradies und diese alle warten nun darauf, dass wir auf uns verzichten und Verzichtvoll und Versöhnungvoll reden können.
Ehrlich gesagt ist es nicht so kompliziert. Es ist eine leichte Aufgabe. Es ist ein Regel, der ganz einfach ist und trotzdem unheimlich wichtig und für zwischenmenschlichen Beziehungen und Kommunikationen von zentraler Bedeutung. Und ich bin mir sicher, wenn ich diesen Regel beachten und mich daran halten könnte, nichts mehr bei mir schief gehen würde. Das wäre der Wendepunkt in meinem Leben, eine gründliche Revolution in meiner Seele und meinem Denken, eine Revolution ohne Gewalt, ohne Terror und ohne Verluste. So was gibt es tatsächlich und diese Revolution ist ernsthaft stattgefunden. z. B bei unserem Kursleiter Herr Prof. Dr.
Die Kunstgriff heißt „ ich Sätze“, und spendet Perfektion und Vollkommenheit und beseitigt alle menschliche und unmenschliche Mängeln. Damit kann man jede Streit vermeiden und jedes Bedrängnis meistern, sagte der Kursleiter Hr. Prof. Dr.
Dafür soll man die „ich Sätze“ vermeiden. Noch besser wäre es wenn man die Wörter „ICH und auch DU“ aus seiner Sprache ausradieren würde. Dann klappt alles wunderbar. Weil wenn es kein ICH und kein DU gib, wird es logischerweise keinen Krieg zwischen ICH und DU oder zwischen uns geben. Dann können ICH und DU friedlich zusammen leben und miteinander das große Glück erleben. Diese DU und ICH sind die Ursache aller Konflikte und Streitigkeiten. Sie sind an allem schuld, was heute in menschlichen Gemeinschaft schief läuft oder vorher schief gelaufen ist und auch künftig schief laufen wird. Diese verfluchte ICH und diese hinterhältige DU. Man braucht eigentlich eine Welt ohne dich und ohne mich, vielleicht auch ohne uns, so ungefähr. Es ist allerdings nicht so schlimm und übel, wie es am Anfang klingt. Man vermeidet sich oder sein Gegenüber in den Mittelpunkt zu setzen. Am besten lässt man den Mittelpunkt leer, damit er für immer sauber bleibt …, so meine Überlegung. Aber ich hatte den Kern der Sache noch nicht im Griff und ich versuchte noch mal das Thema zu analysieren. „ Also ich verzichte auf ich Sätze“. Dann habe ich zwangsläufig auf mich verzichtet und das führt dazu, dass auch du auf dich verzichtest. Dann haben wir praktisch auf uns verzichtet und nun gibt es keine Hürde mehr zwischen uns. Aber wir sollen aufpassen, dass wir durch diese Hürdenlosigkeit nicht gegen einander prallen und miteinander zusammen stoßen ….., und am Ende war ich genauso schlau wie am Anfang.
leider habe ich nicht gelernt auf mich zu verzichten und meine Sätze fehlerfrei zu formulieren. Deswegen flehe ich diejenigen, die es können und dazu fähig sind um es zu tun. Bitte verzichten Sie endlich auf sich! Die Welt braucht Frieden!


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Die Hälfte des Kurses war vorbei, es wurde immer schöner, der Hammer war aber noch unterwegs. Wir bekamen eine Kursleiterin für die nächste Hälfte. Sie war eine gewisse Frau Prof. Prof. Dr. Dr. sie sollte und wollte unsere Entwicklung vollenden und uns Vollkommenheit und Perfektion spenden. Sie kam und mit ihr auch der Hammer!
Wir waren noch besoffen und berauscht mit dem, was wir schon gehört und nicht verstanden hatten. Da sagte die Frau Prof. Prof. Dr. Dr.: „ es gibt nichts wichtigeres als Vergessen und die Fähigkeit absichtlich zu vergessen“. „ Wie Bitte“, fragten wir verblüfft. „ Ja“, dass ist die neuste Entdeckung der Gehirnforschung. Sagte sie stolz und fügte hinzu: Gerade eingetroffen, heute Vormittag.
Sofort aktivierte sich meine Vergessenfähigheit und wollte meine Hörfähigkeit verdrängen. Der Hammer schlug weiter: „ unser Kurzzeitgedächtnis verfügt nicht über viel Speicherplatz. Mann muss damit sparsam umgehen. Da die Aufnahmefähigkeit dieses Gedächtnisses begrenzt ist, soll man es ständig entleeren um für wichtigere Informationen platz zu schaffen. Deswegen muss man vergessen...
Cool bleiben und vergessen!

Die Vergessenforscher haben heute, vor der Mittagspause herausgefunden, dass die Fähigkeit vergessen zu können eine essenzielle Grundfunktion des menschlichen Gedächtnisses ist. Diese forscher haben bewiesen können, das die alten Menschen vor allem deshalb schlechter erinnern können, weil sie weniger gut vergessen.
Absichtlich vergessen zu können ist ein Talent und eine Begabung …, sagte die Kursleiterin Frau Prof. Prof. Dr. Dr.

Ich wollte was fragen. machte den Mund auf, konnte aber die Lippen nicht mehr bewegen. Mein Mund blieb auf. Ich war schockiert, wie von einem Blitz getroffen und ich dachte, mich gäbe es nicht mehr. Ich guckte " Cintia" neben mir an. Ihr sträubten sich die Haare und schossen in alle Richtungen. Es dünkte mich, dass sie vielleicht eine Wiederbelebung bräuchte. Sie sah ziemlich blass aus, aber sie atmete noch.
Ob sie gerade zu hörte oder versuchte alles zu vergessen, wusste ich nicht. Ihr Blick war verloren. Sie sagte nichts und war wortlos. Ihr Friseur war dahin und sagte alles!!


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Wie geheimnisvoll die Welt der Wissenschaft ist! Bis heute Vormittag war das Vergessen eine Schwäche, ein Mangel und ein Deffizit. Aber seit heute Vormittag, vor der Mittagspause der Forscher, gilt es als eine Stärke und eine Fähigkeit. Dem zufolge habe ich seit heute Vormittag eine Stärke gewonnen und ein Talent in mir entdeckt. Darauf ich mich freue und mit mir freuen sich bestimmt viele Schulkinder, die vieles gut vergessen können.


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Zu Hause versuchte ich abzuschalten. Lehnte mich ins Sofa zurück, zündete mir eine Zigarette an und nahm mein Buch in die Hand. Es war das Buch von R. Precht und passte zu meiner Lage: " Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?"

Sonntag, 28. September 2008

********* Die kleine Maus ******** Teil 2

Ich gebe dich nicht so einfach hin. Das steht schon mal fest. Ich habe mich entschieden dich noch bei mir zu behalten. Heute arbeite ich nicht. Heute gehöre ich dir und mir. Ich habe krank gemeldet. Ich bin eigentlich immer krank und trotzdem muss ich auf die Arbeit. Mein ganzes Leben ist eine Krankheit und keine will es glauben. Nur heute bin ich heil und munter. Heute bin ich anders als sonst. Und da ich mich heute wohl fühle, im Gegensatz zu allen Tagen an denen ich arbeite und mich nicht wohl fühle, kann ich mich als krank bezeichnen. Es ist eine einfache Logik, die Lehre von Aristotel und kommt aus alt griechischer Philosophie. Heute richte ich mich nach Aristotel und seiner Logik und bleibe bei dir. Ich fühle mich wohl, also bin ich krank. Und es ist kein Verbrechen wenn wir heute feiern. Das Recht auf Glück ist ein Menschenrecht. Heute bin ich glücklich aber kann nicht wissen wie lange dieses Glück bei mir bleibt. So darf ich keine Glücksmomente verpassen. Heute gehen wir zusammen in die Stadt, laufen die Strassen und Gassen herum. Heute stelle ich dir die Stadt und die Leute vor. Vielleicht können wir zusammen auch was neues entdecken. Wir unternehmen grossen Tour und Spaziergängen, verschwinden Zeit und machen nichts , das geliebte Nichts. Das ist das Sinnvollste, was man tun kann, Nichts.

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Es brüllt in der Stadt. In der Fussgängerzone herrscht ein wildes Getummel. Die Menschenscharen verwirren sich quer und kreuz in alle denkbaren Richtungen. Jede Bewegung wird von einer Gegenbewegung aufgehoben, sie gleichen sich aus und das Endergebnis ist ein Stillstand und eine Stagnation innerhalb einer wirren Hektik. Alle drängen sich durch und doch die Summe aller Anstrengungen ist Null. Es ist unnötiger Energieverbrauch. Keine kommt fort und keine geht zurück. Das System Fussgängerzone bleibt in sich geschlossen. Die falsch eingesetzte Energie bringt Reibung und Verlust hervor. Die ganze farbigen Ecken und Schaufenstern können diesen Verlust nicht wieder gut machen.

Da oben, über uns steht ein grosses Schild. Mit dem Aufschrift "Schildergasse". Es hilft uns zu wissen, wo wir sind. Man braucht Orientierung im Leben ,um sich behaupten zu können. Wenn der Mensch nicht weisst, wo er sich gerade befindet, dann ist er nirgendwo, aber man kann nicht da sein und zugleich nirgendwo und diese Widersprüche bringen mich außer Gleichgewicht. Aber wenn wir wissen wo wir sind, dann können wir wenigstens beneiden warum nicht woanders.
Und die Neid ist Motivation und sie ist wiederum eine Ursache für weiter Wirkungen.
Man muss es erstmal finden. Ich weiss jetzt, dass ich bei dir bin und ich sehe das unverkennbare Schild über meinem Köpf. Nun habe ich mich lokalisiert und mir kann nichts mehr passieren.

Es leuchten so viele Lichter und bunte Tafeln, dass meine Haut jedes Moment neue Farbe bekommt. Und ich muss mich zu Hause hundert man duschen bis ich so vielen Farben los bin,und die Luft ist mit so einem Rausch gegossen, der all meine Sinne sich von mir befreien. So laufe ich sinnlos glücklich durch diesen bunten Platz und mein Gesicht verschwindet in der Menge. Ich fasse dich in meiner Tasche an und weiss, dass ich immer noch da bin.

Ich habe so einen abenteuerlichen Lust ,einen von diesen Passanten auf einmal im Schoss zu nehmen und kräftig zu küssen, damit er weisst, dass ich weiss, woran wir gerade denken.
Und ich würde gerne die ganze Luft mit einem langen Zug einzuatmen und nie wieder raus zugeben, damit alle meine unerwünschten Bestandteile mich verlassen. Dann stehe ich rein, sauber, unschuldig und heilig auf diesem Platz und segne alle Menschen und zeige ihnen wo es hin geht und warum und wieso und wozu. Und die Passanten sammeln sich um mich herum und hören begeistert die Wahrheiten zu, die ich ihnen mitteile und die ganze Geheimnisse von Himmel und Hölle und Finanzamt und Ordnungsamt. Aber wie kann man von Wahrheit reden ohne dabei zu lügen. Die Lüge selbst ist eine Wahrheit und die Wahrheit ist nichts anders als eine grosse Lüge.


Hier fängt die Stadt an und dehnt sich in alle Richtungen aus. Hinter diesem Platz ist ein anderer Platz und danach eine Strasse und hinter jeder Strasse noch eine Strasse mit Häusern, Gebäuden und Plätzen. Die Stadt kommt nicht zu Ende. Auf diesem weiten Platz vor uns kämpfen die Menschen gegen Buslinien. Die Büsse und Strassenbahnen fliehen davon aber kommen nicht weiter. Sie werden wieder aufgehalten und hingetreten ,aber aus Liebe und nicht aus Hass. Aber ich geniesse es, wenn die Lichter und farbige Werbungen mich umarmen. Ich mache meine Tasche auf und werfe einen Blick auf dich zu und ich weiss, dass ich noch da bin.
Hier ist eine Weltstadt, gross, geräumig, bunt und gemischt. Trotzdem kannst du dich zurecht finden, weil sie nett ist und grosszügig und du gehst nicht verloren weil du eine Maus bist. Hier bekommt jeder einen Namen und einen Platz. Hier bist du zu Hause,in meiner Tasche. Jeder ist hier willkommen. Maus oder Mensch, macht keinen Unterschied. Wir sind alle Tiere und genauso seid ihr alle Menschen. Für alle gibt es genug Platz. Nur machen wir Menschen es uns im Leben schwer. Wir haben Angst vor uns selbst. Wir haben Angst vor freiem Leben und wir kommen miteinander nicht zu recht. Deswegen haben wir für alles Gesetze. Die Gesetze helfen uns unsere Dummheiten besser zu ertragen und wir glauben ,durch die Gesetze für alles eine Erklärung finden zu können und eine Antwort nach Warum. Jedes Gesetz ist eine Kette und ein Verbot aber sie entlasten uns und verhindern, dass wir durchdrehen.
Eigentlich sind die Gesetze da um gebrochen zu werden. Nichts macht im menschlichen Leben mehr Spass als die Gesetze zu brechen und nichts bringt mehr,als sie umzugehen. Man muss sie ausweichen. Es sind viel, viel zu viel und keine kann sich an so viele Regeln und Vorschriften halten. Ein Leben reicht dazu nicht aus. Jedes Gesetz ist eine Einschränkung, eine Entbehrung und eine Ohrfeige und wenn du das alles hinnimmst, bleibt dir irgendwann die Luft raus,und wenn du erwischt wirst, brauchst du sowieso keine Luft mehr. So oder so bist du als Mensch immer ein Opfer.

Sei froh, dass du kein Mensch bist. Dir sind die ganze Ärger und Verdruss, die uns jeden Tag einengen erspart geblieben. Weisst du,als Maus kann man furchtbar günstig und tierisch bequem leben.
"Der Mensch ist das Tier, das hinter Türen scheisst" ,hat jemand gesagt.
Ich weiss nicht wer aber ich stimme es zu. Siehst du schon beim Scheissen quälen wir uns mit dem Gesetz der geschlossenen Türen. Zwar sieht keine wenn wir hinter Türen sitzen, aber alle wissen was wir dahinter bauen. So entschuldigen wir uns mit diesem Gesetz.
Also müssen die Türe immer geschlossen bleiben, damit nichts Schlimmes raus kommt. Es würde mich aber nicht stören wenn bei mir die Türe mal offen bleiben,und ich weiss, dass es den anderen auch nicht schadet. Die grossen Scheissen werden hinter größen Türen gemacht.

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Es gibt Städte, die zwar schön sind wie hier, aber sie wären bestimmt viel schöner ohne ihre Einwohner. Hier ist aber anders. Im Gegenteil, wäre diese Stadt ohne ihre sympathischen Menschen nicht so wunderschön wie sie ist. Hier in meiner Stadt riechen die Menschen nach Rhein, nach Dom, nach Karneval und Aschermittwoch. Nach Frieden und Freude, nach Alles, was schön ist, rein ist, echt ist und das Herz begehrt. Hier hat das Leben einen Inhalt.

Der Bäcker an der Strassenecke freut sich, wenn er dich jeden Morgen auf dem Weg zu Arbeit sieht und Melatengürtel und Sülzgürtel freuen sich ebenso und die Bäume auf der Strassenrand warten die ganze Nacht darauf, dass sie am frühen Morgen, wo du dich zur Strassenbahn eilst, dir einen schönen Tag zu wünschen und das wünschen dir auch die Jungs aus Nachbarschaft und nicht Nachbarschaft und haben immer Zeit für dich und bieten dir gute Angebote und Sonderangebote an.

Und ich kenne eine Stadt, da sehen die Menschen wie Kreditkarte aus und riechen nach Kurhaus und Kasino. Aber du muss diese Menschen bezahlen damit sie dich zurück grüßen und ich denke bei mir dort, wo das Konto voll ist bleibt das Leben Leer.
Und sie bestehen darauf, dass Gutenberg ein Sohn ihrer Stadt wäre, der später von der feindlichen Nachbarstadt entführt würde und sie sind der festen Überzeugung, dass der Nullmeridian eigentlich durch Wilhelmstrasse gezogen werden sollte, aber die Engländer haben ihre Daten verfälscht und ihn nach Greenwich verlegt und das die Weltschöpfung hier anfing und deswegen gibt es so viele Therme mit erstaunlicher Heilungswirkung in ihrer Stadt und sie glauben nicht an die Keplerschen Gesetze und haben ihr eigenes Weltmodell. Sie sehen sich als das Mittelpunkt der Welt und glauben, dass sich das ganze Universum um diese Wilhelmstraße herum dreht.

Und Adolf von Nassau hat sie alle heilig gesprochen und sie alle haben offiziellen Auftrag von Kaiser Wilhelm, ihre Adelgesellschaft bis zum Jungsten Gericht zu bewahren und vor fremden Einflüssen zu schützen ... so viel Ehre.

Ich bekomme solche Angst von soviel Ehre und ich denke alle Atome werden unter so hohem Druck zerquetscht und die Elektronen verlassen ihre Bahnen, rebellieren gegen fundamentale Kräfte und werden von Protonen aufgefressen. Und was übrig bleibt ist ein „ Neutronenmensch ". Ja, das ist es, diese sind "Neutronenmenschen" .

Ich will jedoch nicht an solche Gedanken haften. Ich will sie alle aus meinem Kopf ausstreichen. Aber mein Kopf ist gegen mich, widersetzt sich und lässt mir keine Ruhe ,mit seiner Wehmut und seinen Urteilen ,und ich muss dauernd gegen ihn kämpfen. Ja, so ist es meine Liebe, ich gegen mich.
Und ich frage mich, wozu brauchen wir überhaupt unsere Köpfe, wenn sie nicht funktionieren und ständig falsche Signale setzen und ich finde es einen Fehler der Evolution, mit so einem runden unheimlichen Oberteil gestaltet zu sein, der immer daneben denkt und den Frieden stört. Es ist eine Last für unseren Körper und ein nutzloser Oberteil, der alles in sich hinein frisst und da immer die anderen für uns und über entscheiden, haben wir keine Chance diesen Oberteil sinnvoll einzusetzen. Es scheint etwas Überflüssiges zu sein und die Köpfe, die die wichtigen Entscheidungen treffen, sind leider kopflos.
Diese sind falsche Köpfe, mit den falschen Munden, falschen Augen, falschen Nasen und falschen Ohren. Und ich meine ohne Kopf wäre ich ein bisschen leichter, und kürzer und hätte weniger Sorgen und mehr Zeit für mich. Ein Kopf, der immer anders sagt als mein Herz ist nicht meine Sache und ich kann leicht darauf verzichten. Ein ganz kleiner Kopf wie der deine würde mir völlig ausreichen. Ich kann ohne Kopf auch irgendwie weiter kommen. Es geht immer alles irgendwie weiter. Und ich kenne keinen Köpf, der am richtigen Platz Sitz und richtig handelt, so was gibt es bei uns nicht. Man sieht nur falsche Köpfe. Und ein falscher Köpf ist nichts weniger als ein grosses Unheil. Ein falscher Köpf ist Katastrophe, aber Köpflosigkeit ist halb so schlimm. Und ich will nicht daran denken, dass ich dich morgen ins Labor zurück bringen soll.


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Hier auf der rechten Seite liegt ein Stand. Oben darauf, auf einem weissen Plakat steht „Die Linke“. Sie befinden sich auf Vormarsch und machen sich warm um das ganze Land zu erobern. Sie bringen frische Luft und neuen Wind und spenden neue Hoffnung. Ich wünsche, ich könnte sie glauben. Ich wünsche ich könnte dazu beitragen. Aber ich habe Angst. Ich habe Angst vor Mauer, vor Stachel und Check-Point Charlie.
Ich fürchte Ulbricht, Honecker, Stasi und Sicherheitsorgane. Und ich habe keine Lust das ganze Leben zu kuschen und zu heucheln und immer eingesperrt zu sein und am Ende beim Fluchtversuch erschossen zu werden. Und ich kann keinen 17.Juni und keine Panzer und Uniformen mehr aushalten. Ich muss jedes mal weinen, wenn ich an unzählige Opfer des ersten deutschen Arbeiter- und Bauerstaates denke und an ihre Leiden und Schmerzen. Und sobald ich einen Hammer sehe empfinde ich einen heftigen Schlag am Kopf und jede Sichel schneidet mir die Kehle durch.

Und einige von ihnen behaupten, dass 20 Millionen sich in DDR wohl fühlten und glücklich waren und nur wenigen unzufrieden waren und gegen die Gesetze verstiessen und die Frau von dem Check- Point Charlie selber schuld war. Da bekomme ich solche Wucht und verliere die Kontrolle über mich und bin nah dabei zu explodieren. Und ich wünsche ich könnte sie hinter allen Mauern der Welt einsperren, damit niemand mehr einer Mutter ihre Kinder weg nimmt.
Ich wundere mich über die grenzenlose Frechheit. Manchmal tut es unheimlich weh zu den Menschen gehören zu müssen. Es gibt Momente, in denen ich wünsche, ich könnte die Geschichte aus dem Gedächtnis der Welt ausradieren und es drängt mich, so lange den Kopf gegen den wand zu schlagen bis alle Wände zerfallen und die Geschichte unter den Trümmer begraben wird. Diese Momente häufen sich ständig und ständig und sind auf Vormarsch.
Und ich würde mich lieber einmal aufhängen und sterben als in einer Volksrepublik jeden Tag hundert Mal den Todesschrecken erleben zu müssen.
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.


Wir laufen weiter durch den Platz und bald begegnen wir einem anderen Stand, der sich in Weiss und Grün auszeichnet. Du brauchst gar nicht hinzu sehen, mach ruhig die Augen zu. Diese spielen nur tragische Komödien. Sie spielen lustig und machen uns traurig. Man darf sie nicht ernst nehmen aber man darf darüber staunen, wie diese in die Luft schweben und das Boden der Tatsache unter ihren Fussen verlieren. Sie haben immer genialen Thesen zur Rettung der Welt und besitzen Wunderheilmitteln, jedoch leiden selbst unter einer chronischen Krankheit und sie leben in einer Welt, die Lichtjahren von unserer entfernt ist. Und sie haben keine andere Sorge als jeden Tag irgendetwas zu verbieten und uns zu ärgern. Bei denen geht es nicht um die wahre Welt. Von der Sachlichkeit und Machbarkeit haben sie schon lange Abschied genommen. Sie zeichnen sich durch eine bizarre Zwanglosigkeit aus, halten fest an ihren Utopien und entfremden sich der Realität. Von denen ist nichts viel übrig geblieben. Sie sind tot. Sie sind an dem Tag gestorben, an dem sie die Bundeswehreinsätze zustimmten. Sie sind die Don Quichote unserer Zeit und kämpfen weiter gegen die Windmühle.

Diese sollen gerade unsere Hoffnungsträger sein. Ein andere ehemaliger Hoffnungsträger ist zur Zeit selber hoffnungslos und hat eine so grosse Verwandlung unterzogen, dass er noch kaum zu erkennen ist. Er würde geboren um die schwachen zu schützen und sie in der Kampf für eine bessere Welt beizustehen. Sie reden ständig von Gerechtigkeit und Solidarität und Freiheit und man weisst nicht, was sie damit meinen. Und diese sind unsere Hoffnungsträger. Bei anderen habe ich längst die Hoffnung aufgegeben. Unsere Parteien sind in der Zeit hingeblieben und uns bleibt nicht viel Zeit übrig .Und ich muss immer wieder daran denken, dass ich dich morgen abgeben soll.


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Es ist nun spät in der Nacht. Ich sitze in meiner Wohnung und die Abschiedsworte störmen in meinen Kopf. Ich nehme mein Tagebuch in die Hand und dokumentiere die letzte drei Tage, die aber meine erste drei Tage waren. Ich schreibe das Geschehen dieser Vergangenheit aus einem Gedächtnis auf und treibe die Zukunft aus meiner Vorstellung aus. Eine hartnäckige Gewissheit hebt sich vor meine Augen auf: „ morgen bist du nicht mehr da“, und mir wird ganz elend zumute. Morgen sieht mein Zimmer wie dieser Stadtpark hinter meinem Fenster, im Herbst mit Regen und Nebel, und in ihm stehen die Bäume, barfuß und nackt, trostlos und verlassen. Ich spüre die Tränen in den Augen. Ich will nicht weinen aber ich habe mir schon die Lippe blutig gebissen und auf einmal heulen alle Bäume los. In einer Art Panik blicke ich dich zu, aber dein Bild flimmert und ich verliere dich und kann nichts mehr. Ich friere vor Angst.
Ich schliesse die Augen und schenke mir warme Träume. Mit dir auf dem Dom-Platz und den fröhlichen, freundlichen Menschen um uns herum, und die Tauben fliegen in Luft und singen für uns und setzen sich wieder auf den Boden vor unsere Füsse und haben keine Angst vor nix und niemandem und ich habe keine Angst vor der Zeit, die schneller fliegt als die Tauben und nie wieder zurück kommt. Aber diese Tauben kommen immer zurück, auch wenn sie weit weg fliegen, und eines Tages werde ich mit diesen Tauben auf diesem Dom-Platz tanzen.

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Montag, 25. August 2008

***** Die kleine Maus ****** Teil 1

Es sind immer die Augen, die als erstes funkeln und den Stein ins Rollen bringen. Und ich habe eine Schwäche gegenüber den Augen, die groß sind und Hell, die frech angucken und mich einladen. Deine waren aber klein, trotzdem habe ich mich verloren, weil dein Blick groß war und etwas Geheimnisvolles in sich hatte. Etwas imponierte mich und sagte, dass du was Besonderes warst. Ich wusste nicht in wie fern aber du hast mich seltsam angeschaut, mit deinen Augen, die eigentlich nicht mehr sehen können aber scharf und feindlich waren. Du hast mich angeschaut mit einer Liebe, die man nur von einem Feind erwarten kann und gerade das hat mich verzaubert. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man die Güte nicht von Freunden, sondern von Feinden bekommen kann. Es sind meistens diese bittere Feindseligkeit und der unbegründete Hass, die oft zu festen Freundschaften führen und herzliche Zuneigungen erzeugen. Begründete Liebe haben fast immer ein trauriges Ende und können viel Unheil hervorbringen. Ich habe in Dir ein einzigartiges Wesen gesehen. Aus unsinniger Vermutung vielleicht, oder törichter Hoffnung. Und vielleicht einfach so, ohne Grund, ohne Anlass, einfach so, weil es mir Spaß macht unvernünftig zu sein, mich außerhalb der Rahmen zu bewegen und Dummheiten zu treiben. Ich finde es aber keine Dummheit. Du bist eine anständige Maus, ohne Namen und ohne Ausweis und ich bin eine anonyme Laborantin,die jeden Tag zwischen 80 Millionen verloren geht und am Ende in diesem Labor landet, das mein Arbeitsplatz ist. Ich führe ein Leben das gar nicht mein Leben ist. Ich wohne in einer Wohnung, die meinem Vermieter gehört. Ich fahre ein Auto auf Raten. Ich habe einen Freund, der einer anderen gehört und ich lebe in einer Stadt, die ich liebe, die aber mich nicht liebt. Wir passen gut zusammen. Wir sind zwei Verlorene, die in ihrer Verlorenheit zu einander finden.


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Du warst im Stall. Da habe ich dich zum ersten Mal gesehen. Der Stall gehört zu unserem Institut und liegt eine Etage tiefer als mein Arbeitsplatz. Und mein Arbeitsplatz war Dein Schlachthof. Ich sollte dich abholen und für weitere Experimenten vorbereiten. Ich habe Dich zuerst mit einer Spritze getötet, aber ganz vorsichtig und nett. Bist Du nun böse auf mich? Weißt du meine Liebe, Töten oder auch Morden hat viel Namen und viele Gesichter. Irgendwo wird im Namen der Demokratie getötet. In einem fernen Land toten und sterben unsere Soldaten um unsere Grenze zu verteidigen. Was ich dir und Deinem Leben angetan habe heißt Forschung, heißt Arbeit und ich musste das tun. Ich bin verpflichtet meine Arbeit so zu erledigen, wie es von mir verlangt wird. Wie Du dabei empfindest ist Wurst, Es ist eine allgemein gültige Regel. Millionen von Menschen tun Sachen, deren Sinn sie überhaupt nicht verstehen. Oder finden es nur am Anfang schwachsinnig und später gewöhnen sie sich daran. Frag mich bitte nicht warum. Du bist kein Mensch und Du kannst solche Dinge nicht verstehen. Die Menschen sind komplizierter als die Mäuse. Du bist eben nur eine Maus. Du brauchst die Menschen nicht zu begreifen. Du darfst nicht und du muss es nicht. Ehrlich gesagt, können die Menschen sich selbst nicht verstehen.
Aber sei nicht traurig! Was willst Du von Deinem Leben als Maus? Hätte ich dich nicht verarbeitet, wärst du jetzt bestimmt im Maul einer Katze. So oder so kommt eins raus. Bei mir heißt es wissenschaftliche Arbeit und nicht Fressen oder Jagen oder Töten. Ich werde dafür sogar bezahlt, in dem ich am Monatsende meinen Lohn bekomme. Obwohl nur armselig und dürftig, aber die Bezahlung reicht gerade aus um zu überleben und meine Arbeit fortzusetzen, an Dir und Deinesgleichen.
Du kannst stolz auf dich sein meine kleine tote Maus. Du hast der Menschheit einen großen Gefallen getan, in dem du dich opfern lässt, und wir Menschen an deinem Körper herum schmusen und neue Kenntnisse erwerben können. Diese Kenntnisse sind wertvoll. Wir brauchen immer neue Daten, jedoch nur für Menschen und nicht für die Mäuse, an denen wir experimentieren. Es klingt komisch, aber wie soll ich Dir erklären. Es gibt nichts auf unserer Welt, was nicht komisch ist und damit muss man leben. Wir experimentieren mit Euch, weil die Menschen noch nicht reif sind sich freiwillig für solche anzumelden. Sie wissen nicht wie wichtig die neuen Auskünfte und Informationen für ihre Zukunft sind. Unsere Arbeit wird nicht hoch genug bewertet, sie wird unter schätzt, sonst hätte ich erheblich mehr verdient und ein anständiges Leben gehabt.
Du muss zufrieden sein mit Deinem kurzen Leben. Bestimmt wirst du es in deinem nächsten Leben besser haben. Seitdem ich dich verarbeitet habe bzw. Du dich geopfert hast für die Menschheit, gehörst du zu einen kleinen Kreis von ausgewähltem und ausgezeichneten Wesen an, die in einer anderen Welt zu höchstem Grad erhoben werden und ein überaus prächtiges Leben genießen werden. Du kannst dich schon darauf freuen und ich beneide dich maßlos. Du gehörst nunmehr zu jenem heiligen Kreis, zu dem auch Jesus gehört. Weißt Du, er war auch einer wie Du. Er hat auch sein Leben geopfert um den Menschen was Gutes zu tun, um die Menschen zu retten oder so. Er war reif genug. Oder er war wahnsinnig genug sich freiwillig zu opfern. Obwohl ich mir nicht so sicher bin, ob er es freiwillig getan hat oder es nicht sein Pflicht und seine Aufgabe war freiwillig zu sterben. Vielleicht war er gezwungen wegen seines Lebensunterhalts, dies zu tun. Auf jeden Fall hatte er den Befehl dazu von seinem Vater bekommen. Ob er gegen die Autorität seines Vaters was zu sagen hatte, kann keine wissen. Weißt du, mein eigener Vater war auch so eine Autoritätfigur und hat ständig Befehle erteilt die ich nicht gehört habe. Ich habe auf seine Autorität gepfiffen und ihn verlassen. Mein Vater war fast so grausam, wie der von Jesus. Ich war jedoch nicht gut genug den Befehlen Folge zu leisten.

Ich war nicht Maus genug!!


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Habe ich dir erzählt, dass ich eine Weile Maus gewesen bin? Tatsächlich bin ich es gewesen. Jedenfalls für den Jungen, mit dem ich ein paar Jahre zusammen war. Ja. Er hat
mich immer meine kleine Maus genannt. Er war furchtbar romantisch und äußerst langweilig. Ob er in mir ein Versuchobjekt gesehen hatte, kann ich nur zum Teil stimmen, glaube ich. Vielmehr wollte er mir seine Zärtlichkeit und seine Liebe zeigen. Ich glaube, ich war seine erste Liebe und er hat mich sehr in Anspruch genommen. Von Liebe kannte er nichts anders. Idiot!!
Dich mag ich aber wahrhaftig. Ich habe keine Geheimnisse von dir. Ich bin ehrlich zu dir und erzähle dir alles, was an meinem Herzen liegt. Obschon ich dich verarbeitet habe, aber das ist was anderes und dafür gibt es gute Gründe. Ich habe keine Zeit gehabt und kein Chance dich vorher kennen zulernen. Erst nach Deinem Tod habe ich dich entdeckt. Und gerade das ist ein Beweis, dass du eine gute Maus bist, eine besonders liebenswerte. Sowie es bei Menschen üblich ist. Die guten Menschen werden auch wie Du erst nach ihrem Tod entdeckt, geehrt und geschätzt. Siehst du kleine!, das Leben ist eine Mauer, ein Hindernis das uns voneinander trennt. Das Leben hält uns im Abstand zueinander. Aber der Tod, der Tod ist freier Zugang, ist Nähe und Verständnis. Unsere Gehirne funktionieren erst nach dem Tod. Genauso, wie unsere Augen nach dem Tod besser sehen. Ich sehe Dich jetzt besser und fühle dich näher und unmittelbar weil du nun in einem kleinen Becher in meiner Tasche liegst und mich überall begleitest.


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Hast du von der Sporthochschule gehört? Es gibt nur eine, und das sind wir. Kennst du die molekulare und zelluläre Sportmedizin? Das sind auch wir. In so einem Institut arbeite ich, so einen großen Namen tragen wir. Und ohne euch wären wir namenlos. Ja, da arbeite ich, und jede Menge Mediziner.
Weißt du, die Ärzte und die Mediziner sind Fachleute die ihr Handwerk gar nicht kennen. Weil keiner weiß wie ein Mensch funktioniert. Sie experimentieren nur an Patienten. Wenn die Behandlung nicht erfolgreich läuft soll der Patient noch mal zum Arzt. Es gibt keine Garantie in der Medizin. Aber wenn ich mein Auto in die Werkstatt bringe, bekomme ich ein Jahr Garantie für alles, was an meinem Auto durchgeführt wird. Und wenn mein behandelter Zahn nach ein paar Tagen wieder schmerzt oder kaputtgeht, gibt es darauf gar keine Garantie. Ich denke wenn man klug ist heut zu Tage, dann muss man Medizin studieren und keine Technik. Dann kann man mit einigen fremden, unerhörten Wörtern dem Patient vormachen, dass seine Krankheit ein komplizierter und unerforschter Fall wäre, und daher soll er sich keine große Hoffnung machen, so einfach geheilt zu werden. Und der Patient wird sich dann freuen, dass er überhaupt noch lebt. So sind wir alle die mit Medizin zu tun haben. Und du bist jetzt tot, weil du in einen Stall gelandet bist, der zum Schlachthof gehört, unserem Labor.


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Ich habe dich mitgenommen, in einem Becher, gefüllt mit einer Flüssigkeit, einer 0,1 Molare PBS. Du hast mir Freude bereitet. Mit Deiner Gegenwart, mit Deinem Verständnis und damit, dass du mich so annimmst, wie ich bin, ohne mir Vorwürfe zu machen wegen meiner Einseitigkeit, meiner falschen Wörter, meiner dummen Einfälle, meiner schlechte Laune und wegen hundert anderen Tadeln, die meine Mitmenschen so leicht an mir entdecken. Und du hast mich beglückt mit Deiner Geduld und mit deiner Nachsichtigkeit, die einen ewigen Frieden spendet und ein dauerhaftes Glück.

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Wir sind vier MTAs Mitarbeiterinnen in unserem Institut. Weißt du was eine MTA ist? Ich weiß es nicht genau. Wir sind etwas wie Eures Schicksal. Wir sind da um euch auseinander zu nehmen und zu studieren, weil ihr die voll kommenden Kreaturen seid, weil ihr klein seid und handlich und bei euch alles stimmt, alles was bei uns Menschen nicht stimmt. Wir sind da um euch besser kennen zu lernen und Durch euch uns selbst zu helfen. Und doch wissen wir zu wenig über euch und noch weniger über uns selbst. Ich glaube aber du bist anders und kannst mir vieles beibringen, wenigstens über meine Kolleginnen im Labor.


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Neben mir arbeitet ein Mädchen, das furchtbar nett ist, so nett, dass sie in menschlicher Gemeinschaft gar nicht passt. Daher hat sie schon längst die Welt der Mitmenschen verlassen und hat sich in die Welt der Mithunde eingewöhnt. Sie besitzt zwei Hunde und diese beiden bilden ihr ganzes Leben. Vom Morgens bis Abends erzählt sie vielerlei Blödsinn über die Tiere an deren Spitze die Hunde sitzen. Sie hat neulich herausgefunden, dass Hunde eigentlich die echte Menschen sind, die von einer anderen Gruppe der hinterlistigen Menschen in ihrer Entwicklung gehindert worden sind. Das alles sieht sie in der vornehmlichen Tugend ihrer Hunde. Und sie ist sich sicher, dass alle guten Menschen nichts anders sind als die Nachfolger der Hunde. Und Menschen sind die fehlentwickelten Tiere, die ihren hundigen Ursprung völlig verloren haben. Sie hat keinen Zweifel daran, dass am Ende die Güte das Böse besiegt. Dann befreien sich die Hunde aus der Herrschaft der Menschen und vollenden ihre verzögerte Evolution. Sie vertreiben danach die Menschen aus ihrer bevorzugten Position. Breiten ihre Herrschaft aus und kontrollieren die ganze Welt. Und ich habe ihr einmal gesagt, dass Hunde sich nicht soviel Mühe machen müssen, mit Evolution, Entwicklung und so weiter. Schon jetzt kontrollieren sie unsere Welt. Muss man unbedingt einen Schwanz haben um ein Hund sein zu können?
Und sie kann keine Männer leiden, deren Liebe zu Hunden nicht größer ist als ihre Liebe zu Frauen. So hat sie mit ihrem Ex Schluss gemacht. Als er einmal auf die Hunde neidig war, sich beschwerte, dass die Haustiere mehr Aufmerksamkeit bekommen als er. Seitdem macht sie, bevor sie in einer Beziehung eingeht, einen wissenschaftlichen Versuch um den eventuellen Partner und seine Hundefreue zu testen. Leider hat bis jetzt keine diesen Test bestanden. Sie gibt aber nicht nach. Bleibt hartnäckig und will den Test auf keinen Fall erleichtern. Und sie hat schon in ihrem Testament vermerken lassen, dass ihr Körper nach dem Tod zum Hundefutter verarbeitet werden kann.
Guten Appetit liebe Hunde!!


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Und da arbeitet bei uns auch ein bizarrer Typ. Ein Mädchen aus einem fremden Land, das ich nicht kenne. Aus einem fernen Land, irgendwo am Arsch der Welt, wo die Mädchen in der Regeln nicht reden dürfen, und sie redet viel. Sie kommt aus einem Land, wo die Mädchen sich einpacken und verhüllen sollen. Damit sie immer unsichtbar bleiben. Sie ist aber nicht unsichtbar, aber dafür undurchschaubar. Und sie hat mehr Glück als Verstand. Sie lebt hier im Rheinland, spricht aber irgendwie hessisch, mit einem unhessischen Akzent. Weil sie oft nach Wiesbaden fährt und ihr Glück dort versucht. Natürlich hat so eine hier keine Chance. Und sie kennt sich mit der Politik gut aus und besitzt Schauspielkunst, aber alles im negativen Sinn. Sie ist gar nicht hübsch, wirkt aber verführerisch. Und weiß die Weiblichkeit gut einzusetzen. Sie bildet sich ein besser zu sein als alle anderen, nimmt meine Verbesserungsvorschläge nicht an, glaubet zu viel an sich selbst und lässt sich nichts sagen. Sie setzt sich beim Chef in Gunst, schmeichelt ihm und biedert sich bei ihm an. Um sich durchzusetzen ist ihr jedes Mittel heilig. So eine ist sie. Ich kann sie nicht leiden.


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Du bist seit zwei Tagen bei mir. Zwei schöne Tage des friedlichen Zusammenlebens, mit Ruhe und Freude. Du hast mir Gesellschaft geleistet und ich habe Dir mein Leben erzählt. Nichts ist zwischen uns schief gelaufen weil du dich sehr brav verhalten hast. Du bist echt vernünftig und du hast viel Mitgefühl gezeigt auch wenn ich mal Unsinn gebabbelt habe. Und Du hast nichts von mir verlangt, nicht Mal was Unanständiges!
Wären die Männer halb so vernünftig wie du, wäre die Welt halb so schlimm!
Morgen muss ich dich ins Institut zurück bringen. Damit trennen wir uns endgültig voneinander. Du wirst weiter einen sinnvollen Weg gehen und ich bleibe immer noch eine MTA in einem kleinen Gebäude mit einem großen Namen. Ich muss mich wieder über manche Kollegen ärgern, muss wieder hoffen, dass mein Chef gute Laue hat und bin mir nicht sicher, ob mein Arbeitsvertrag noch ein Jahr verlängert wird.
Bei mir steht alles noch offen. Ich habe kein festes Fundament und muss mich weiter Tag für Tag durch das Leben schleppen. Schade, dass ich Dich nie wieder sehen werde. Ich denke es wird mir schwer fallen dich abzugeben. Ich glaube, ich habe mich in Dich verliebt und ich schäme mich nicht es Dir zu gestehen, weil du tot bist und mich nicht mehr hören kannst. Ich hätte dich gerne in die Stadt gebracht und Dir die schöne Ecken gezeigt. Ich wäre mit dir den Rhein entlang spazieren gegangen und hätte Dir gerne den prächtigen Dom vorgestellt. Die Stadt hat mehr zu bieten als ein kleines Gebäude das aus einem Mäusestall und ein paar Laborräumen besteht.
Ich muss dich trotzdem abgeben und ich brauche viel Kraft um nicht zu weinen. Ich behalte dich aber in meiner Erinnerung und ich werde noch lange an dich denken. In der Erinnerung an all diejenigen an die sich niemand mehr erinnert.

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Donnerstag, 7. August 2008

Singelküche

Die Singelküche


„ Kunde ist König“, das hört man und sieht man überall, bei allen Werbungen an allen Plakaten, in allen Medien und besonders in Branche Verkauf. Jedenfalls behaupten es Viele, um immer mehr Kunden zu gewinnen, mehr zu verkaufen und um höhere Umsätze zu erreichen. Beim Baumarkt „Hornbach“. Habe ich aber das Gegenteil erlebt. Bei diesem Baumarkt habe ich wegen einer kleinen Bestellung viel Zeit verloren und viel Ärger be kommen. Die ganzen Werbungen gelten hier nicht. Hier heisst es „der Kunde kriegt Arsch tritt“.
Wenn ich jetzt meine ganze Erfahrungen mit dem Baumarkt in einem einzigen Wort zusammenfassen würde, fällt es mir nicht schwer. Ich finde das passende Ausdruck sofort: Hornbach ist „ Katastrophe“.
Am Mittwoch 02.07.08 Vormittag war ich beim Hornbach, auf der Friedrich Bergius Strasse in Wiesbaden und suchte eine kleine Küche. Ich zeigte einem Verkäufer eine passende Musterküche und bestelle sie gleich. Die Küche bestand aus drei Unterteilen und Hänge schränken. Der Verkäufer bezeichnete sie als „Singelküche“. Ich wollte wissen wie viel die Lieferung und Montage kosten würde. Der Verkäufer schätzte etwa 200.00 €.
So habe ich mich dafür entschieden. Ich sollte zuerst 47,19 € an der Kasse bezahlen, wegen der Aufmessung, dafür der Handwerker zu mir nach Hause kam und das Ort besichtigte.
Am nächsten Tag kam der Monteur zu mir. Ich zeigte ihm den Küchenraum und erklärte ihm was für eine Küche ich bestellt hatte, wie sie aussah und wie viele Teile sie hatte. Ich sagte auch, dass nach der Schätzung des Verkäufers die Montage etwa 200.00 € kosten würde.
Der Monteur lachte lustig, machte Grimasse und schüttelte den Kopf. „ ... Es ist aber keine Singelküche ...“, sagt er. „ ... Eine Singelküche hat keine Hängeschtänke, nur zwei Teile unten ...“. Sagte er weiter.
Ich war verblüfft. Wieso sagte jeder was anderes? Der Verkäufer bezeichnete sie als „Singelküche“, der Monteur aber nicht.
„ ... Ja, eine Singelküche kostet ca. 200.00 €, aber für so eine brauche ich mehr Zeit und die Montagearbeit kostet erheblich mehr ...“
Das war aber eine böse Überraschung. Ich hatte mir beraten lassen. Ich wollte wissen am Ende mit wie viel kosten ich rechnen sollte. Und sagte der Monteur jetzt anderes. Könnten die beiden sich vorher einigen?
- „ ... Können Sie vielleicht den Verkäufer im Hornbach anrufen und sich informieren?, sagte sich.
- „ ... Es interessiert mich überhaupt nicht, was der Verkäufer sagt. Warum soll ich ihn anrufen? Ich bin der Monteur und ich soll hier montieren und ich habe meine Preisliste .... Die wollen nur ihre Küche verkaufen. Ich arbeite nicht für Hornbach ...“, war seine Antwort.
- Er holte dann seine Preisliste raus und sagte: „ ... sehen Sie mal, bei mir kostet jede Arbeitsstunde 47,19 €. Für ihre Küche brauche ich ca. 6 Stunde, also 283,04 € ...“, am Ende stellte er mir eine Rechnung von 378,04 €.
- Später sagte er, „ ... Es würde natürlich weniger kosten, wenn ich schneller mit der Arbeit fertig bin ...“.
Ich protestierte dagegen. Die Küche selbst kostet 395.00 € und jetzt fast soviel für die Montage und Lieferung. Damit hatte ich aber nicht gerechnet. Ich war wütend und wollte seinen Vorschlag nicht annehmen. Der Monteur sagte jedoch, dass ich den Betrag von 47,19 €, den ich für Aufmessung bezahlt hatte, verlieren würde, wenn ich den Vorschlag nicht unterschrieb. In meiner Bedrängnis unterschrieb ich das Protokoll.
Das erste Mal, als ich im Baumarkt war und die Küche bestellte, sagte mir der Verkäufer, dass die Küche im Lager vorhanden war und sie würden mich in nächsten Tagen anrufen um den Vertrag zu unterschreiben.
Nach diesem Frist geschah nichts. Auch nach zwei Wochen bekam ich keinen Bescheid von Hornbach.
Am Di. 15.07. war ich wieder im Baumarkt. Und fragte, warum keine mich angerufen hat. Die Küche war da als ich bestellt hatte. Die Ausrede des Verkäufers war nicht überzeugend. Er war der Meinung, dass andere Mitarbeiter das tun sollten, Z.B. der Monteur. Er schaute in Computer nach, die Küche war tatsächlich vorhanden.
-„ ... Vielleicht ist die Küche inzwischen vergriffen und ist wieder bestellt worden ...“
-„ ... Ich kann es aber nicht begreifen, dass die Küche im Haus vorhanden ist und keine mich anruft ...“
Ich zeigte dann dem Verkäufer den Kostenvorschlag des Handwerkers und beschwerde mich, warum er mich falsch beraten hatte. Angesicht der Beratung hatte ich mit ca. 200.00 € für die Montage und Lieferung gerechnet und nicht ca. 400.00 €.
Der Verkäufer wunderte sich auch über den höhen Preis im Montageprotokoll.
Er rief den Monteur an, redete einen Weile mit ihm und stellte mir dann einen neuen Kostenvorschlag von 208,28 € aus.
Da die Küche vorhanden war. Sagte ich, dass ich die Küche gleich mitnehmen wollte, bevor sie wieder vergriffen wird.
Ich bezahle die Küche an der Kasse. Der Staplerfahrer bracht die Küche bis zur Ausgangtur. Die Verpackungen lud ich allein in mein Auto, ohne die Hilfe, die mir versprochen worden war.
Zwei Tage später am Do. 17.07. Um 8:00 kam der Handwerker zu mir.
Ich zeigte ihm den neuen Kostenvorschlag, den ich im Hornbach bekommen hatte. Er schaute sich die Küche an und behauptete, dass die Küche anders war als der Verkäufer ihm am Telefon erwähnt hatte. Wieder war er der Meinung, dass es keine Singelküche war. Wahrscheinlich wusste der Verkäufer nicht was Singelküche war.
Ich war fassungslos. Schon wieder widersprach der Handwerker den Verkäufer und hielt an sein eigenes Version fest. Und das Theater ging weiter.
-„ ... Ich brauche bestimmt mehr als vier Stunden ... der Verkäufer weißt nichts von der Arbeit ...“ sagte er.
-„ ... Bitte rufen Sie den Verkäufer an und reden Sie nochmal mit ihm ...“, bat ich ihn.
-„ ... Es interessiert mich nicht, was der Verkäufer meint ... warum soll ich ihn anrufen ... Entweder nehmen Sie meinem Kostenvorschlag an oder ich gehe sofort weg ...“ sagte er mit saurem Gesicht.

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Es ist erstaunlich, wie die Firmen ihre Kunden hin und her treiben. Sie führen Krieg gegen einander und zwar auf kosten der Kunden.
Ich fühlte mich betrogen. Ich fühlte mich wie ein Spielball zwischen dem Verkäufer und Handwerker. Die Kommunikation zwischen den beiden war Null. Der Monteur weigerte sich immer mit Hornbach zu telefonieren.
-„ ... Ich arbeite nicht für Hornbach ... Ich habe meine Preisliste ... Die in Hornbach wollen nur ihre Küche verkaufen ...“ sagte er wieder und wieder.
Er stellte eine neue Rechnung von 256,47 € aus:
-„ ... Hier, habe ich meinen neuen Vorschlag. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind gehe ich sofort weg ...“, sagte er und gab mir seine neue Rechnung.
Ich konnte das alles nicht glauben. So viel Streit, soviel Missverständnisse, soviel Verdruss. Was war eigentlich los bei Hornbach und ihren Mitarbeitern?
Wenn so eine kleine Küche soviel Ärger und Nerven kostet, wie funktioniert überhaupt der ganze Markt? ... Ich fand keine Erklärung. Ich dachte nur an tausende Kunden, die genauso enttäuscht und misshandelt werden. Ich fand nur eine Bezeichnung für diesen Markt: ... „Katastrophe“ ...


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-„ ... Wenn ich schneller fertig bin mit der Arbeit, würde es natürlich weniger kosten, aber es ist besser, dass Sie von Anfang an wissen wie teuer es sein könnte ...“, sagte er mir versöhnlich.
-„ ... Das soll der Verkäufer auch wissen. Er beratet die Kunden im Markt und er gibt die ersten Informationen und Beratungen ...“
Ich hatte keinen Lust mehr zu diskutieren und ich wollte endlich meine Küche haben:
-„ ... Ok, machen Sie ihre Arbeit ... aber das ist das letzte Mal ... ich werde nie mehr bei Hornbach einkaufen ...“. ich stimmte seine Rechnung zu und verließ die Wohnung.


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Um ca. 10:00 Uhr rief mich der Monteur an: „ ... Ich habe ein Problem ... Die beiden Unterschränke sind identisch ... Die, haben Ihnen falsche Teile geliefert. Der Spuleschrank fehlt. Am besten kommen Sie hierher ...“
Der Spaß mit der Küche hört nicht auf. Ärger nach dem Ärger. Ständig muss ich zwischen dem Monteur und dem Verkäufer hin und her. Wieder muss ich meine Arbeit unterbrechen und mich um die Küche kümmern. Der Handwerker und der Verkäufer kommen miteinander nicht klar. Was für eine schöne Arbeitsklima!
Wie konnte sie im Markt mir falsche Teile liefern? Kein hat die Teile kontrolliert? Die Leute im Lager, die Verkäufer, der Staplerfahrer?
Warum ruft der Monteur sofort mich an? Konnten diese Leute das Problem nicht unter sich lösen?
Ich kam schnell nach Hause und sah, dass ein Schrank falsch war.
-„ ... Ich werde sofort den Kaufvertrag kündigen ... Ich gebe die Küche zurück ... fertig ...“ sagte ich wütend und aufgebracht.
-„ ... Nein! ... Warten Sie ... ich kümmere mich darum ... ich gehe gleich zum Markt und wenn das Teil da ist bringe ich es mit ...“
-„ ... Machen Sie was Sie können ... ich muss aber weg ...“
Ich verließ die Wohnung und überließ ihm das weitere.


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Um ca. 15:00 Uhr teilte mir der Monteur mit, dass er das fehlende Teil abgeholt und einen großen Teil der Arbeit gemacht hat. Er könnte aber nicht die Küche fertig montieren, weil er andere Termine hatte. Er würde aber nächsten Tag alles fertig stellen.
-„ ... D. h. Habe ich heute noch keine Küche ...“
-„ ... Ich habe viel Zeit verloren und ich habe andere wichtige Termine. Aber morgen um 8:00 Uhr bin ich hier und mache die Arbeit zu Ende ... Was soll ich mit Schlüssel machen?“
-„ ... Nehmen Sie den Schlüssel mit ... morgen früh bin ich nicht zu Hause ...“



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Am Freitag 19.07. Um ca. 10:00 bekam ich den Anruf vom Monteur.
Die Küche war endlich fertig und ich sollte nach Hause gehen um die Rechnung zu zahlen. Diesmal 265.00 € hatte er gesagt.


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ZU Hause bezahlte ich dem Monteur den Rechnungsbetrag und freute mich, dass die Aufregung endlich zu Ende ist.
Auf einmal fiel mir auf, dass die Küche irgendwie nackt aussah. Bei genauer Betrachtung entdecke ich, dass die Leiste am Rande der Platte fehlte.
-„ ... Warum hat die Küche keine Leiste ... so läuft Wasser dahinter ...“
-„ ... Keine Leiste war dabei ... Sie können später selbst eine Leiste montieren, es ist nicht schwer ... oder passen Sie auf, dass kein Wasser dahinter läuft ... dann brauchen Sie keine Leiste ...“



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Der Handwerker verabschiedete sich und ging weg. Ich blieb eine Weile vor der Küche stehen und betrachtete die nackten Rande.
Was für eine tolle Beratung habe ich bei Hornbach erlebt ... Was für ein Service ...
Keine sagte mir, dass die Leiste extra bestellt werden soll.
Soll ich nochmal dahin fahren? Nein ... nicht mehr, heute nicht mehr.
Ich betrachtete nochmal meine neue Küche, wiederholte ein Paar mal leise bei mir:

................ Katastrophe ................


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Ich war am Samstag 19.07. Um 8:00 Uhr wieder bei Hornbach und ging diesmal direkt zu dem Marktleiter. Der Marktleiter wüsste darüber nichts. Der Monteur hatte gar nicht mit ihm gesprochen, obwohl er mir gesagt hat, dass er beim Marktleiter gewesen wäre und sich über die Misstände beschwert hätte.
Ich schilderte ihm meine Erlebnisse im Markt, dass die Beratung nicht in Ordnung wae, dass der Verkäufer und der Monteur ganz unterschiedliche Fassung von der Küche, Arbeitszeit und Montagekosten hatten, dass mir falsche Teile geliefert wurde, ... die Sülung nicht dicht war und in die Küche Wasser lief.
Zum ersten Mal war ich bei Hornbach in guten Händen. Der Marktleiter kümmerte sich tatsächlich um die Angelegenheit. Er bewirkte, dass der Monteur gleich zu mir kam, den Fehler beseitigte und die fehlende Leiste auf kosten der Firma montierte.

......... Nächstes Mal gehe ich gleich zum Marktleiter ..........

Donnerstag, 26. Juni 2008

Deutscher nach 33 Antworten

FR Mi.11 juni 2008


***** Deutscher nach 33 Antworten *******

Der Artikel „ Deutscher nach 33 Antworten: Ab September gibt es einen Einbürgerungstest“ , von Boris Schlepper in der Rubrik Politik der FR vom 11. Juni 2008, berichtet von den neuen Regelungen bezüglich der Einbürgerung der Ausländer in Deutschland. Demnach sollen die Einbürgerungskandidaten ab 1. September einen Test bei dem Innenministerium ablegen. Der Test besteht aus 33 Fragen in der Form von Multiple-Choice. Die Fragen umfassen die Gebiete „Politik und Demokratie“ , „Geschichte und Verantwortung“ sowie „Menschen und Gesellschaft“. Um den Test zu bestehen muss man wenigstens die Hälfte der Fragen richtig beantworten. Der Test beinhaltet keine Fragen über die Gesinnung und Einstellung. Neben diesem Test können die Länder auch eine mündliche Prüfung durchführen.

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Viele Experten sind der Meinung, dass zuerst die Deutschen selbst geprüft werden sollen, ob sie ihre eigene Geschichte und ihr eigenes Land kennen.
Es ist unzumutbar von einem Afrikaner, der auf der Baustelle arbeitet, zu erwarten von dem Kartoffelkrieg Bescheid zu wissen, während die Deutschen selbst über die Bundeswehreinsätze nicht genug informiert sind. Woher sollen die in Deutschland lebenden Ausländer „Otto von Bismark“ kennen, wenn man in Deutschen Fernsehen nichts anders sieht als „Dieter Bohlen“ und „Heidi Klum“ .
Hier ein Paar zeitgemäße Fragen als Vorschlag für den Einbürgerungstest in multiple-Choice Format:

1- Wie nennt man den 3. Oktober?

a- Tag der offenen Tür
b- Tag der Abrechnung
c- der 4-November
d- Oktober hat keinen 3. Tag. Er hat nur zwei Tage.


2- Wie heißt die Hauptstadt Deutschlands und wo liegt sie?

a- WellritzStrasse in Wiesbaden
b- Kandahar in Afghanistan
c- Vatikan in Rom
d- Deutschland hat keine Hauptstadt. Es hat nur Darmstadt.


3- Wie heißt der Bundespräsident?

a- Osama ben Laden
b- Michael Jackson
c- Mao Zedong
d- Giovanni Trapattoni
e- Keine Ahnung


4- Welche deutsche Politiker ist ihr Lieblingfigur?

a- Helmmut Kohl, weil: er verrät niemanden
b- Verona Pooth........sie ist großzügig
c- G. Westerwelle.....es ist gut so
d- Claudia.Roth...........es macht Spass sie zu zuhören
e- Alle


5- Was haben die Deutsche aus ihrer Geschichte gelernt?

a- Stalingrad ist sehr kalt
b- Man darf nicht unangemeldet zu Besuch kommen
c- KZ ist gestern. Heute benutzt man CD mit einem U am Ende
d- Die Deutschen lernen nie aus ihrer Geschichte.


6- Was ist das Wahrzeichen Berlin?

a- der Schiefe Turm von Pisa
b- die chinesische Mauer
c- Bratwurst
d- Bildzeitung
e- Alle


7- Wofür steht die Abkürzung „DB“ ?

a- Danke Bruder
b- Donner Bazar
c- Damen Bikini
d- Keine Ahnung


8- Was machen die Deutschen, wenn sie aus EM ausscheiden?

a- Sie machen die 68er dafür verantwortlich
b- Sie rächen sich an Türken
c- Sie dürfen nicht ausscheiden
d- Sie bereiten sich für den 3. Weltkrieg vor.


9- Was darf man als Deutsche nicht tun?
Man darf nicht die fünfte Partei:

a= eintreten c= vertreten e= hintreten
b= austreten d= zertreten f= hertreten


10- Wieviel Einwohner hat Deutschland?

a= Viele
b= Ziemlich viele
c= Wenig
d= Sehr wenig
e= Ich weiß es nicht
f= Ich weiß es aber ich habe es vergessen, wirklich


11- Was erwarten Sie als Belohnung, wenn sie den Test bestehen?

a- Nobelpreis der Philosophie
b- Foto- Shooting mit dem Herrn Roland Koch
c- Ein Gutschein
d- Ein Arschtritt

Mittwoch, 25. Juni 2008

„ Geh zu Hölle, du Scheißkerl! Verschwinde aus meinem Leben. Ich will dich nicht mehr sehen. Nie mehr. Es reicht mir. Ich kann nicht mehr, nicht mehr. Verschwinde sofort. Geh raus. Geh zum Teufel. “
Hatte sie gesagt. Dann hatte sie die Tür geöffnet, die Hand ausgestreckt und mit dem Zeigefinger nach außen gezeigt: „ Hau ab! “

- „ Hör auf Julia, lass uns reden! “, bat er unbeholfen und versuchte sie zu beruhigen.
- „ Ich will keine Entschuldigung mehr. Ich will nichts mehr hören. Es gibt nichts mehr zu reden. Du kotzt mich an, Scheißkerl! “
Sie war wütend, von dem ganzen Zorn der Welt gepackt. Sie war verletzt, tief verletzt. Sie könnte keinen Vertrauenmissbrauch mehr ertragen. Sie war am Ende ihrer Toleranz. Sie wollte keine Puppe mehr sein. Und sie hatte Recht. Jedenfalls, dachte sie so.
- Bitte hör mir zu Julia, ich kann alles erklären.
- Das kannst du deiner Oma erzählen!
Sie streckte wieder die Hand und winkte in andere Richtung. „ Verpiss dich endlich! “, war ihr letzten Wörter. Sie schloss die Tür mit einem heftigen Schub hinter ihm.

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Sie blieb hinter der geschlossenen Tür stehen. Es war ihr gutes Recht aufgebracht zu sein. Sie sollte einmal ihre starke Seite zeigen. Und gerade das hatte sie getan. Sie war zufrieden mit sich. Sie musste jetzt aber erstmal alles verdauen. Alles drehte sich um sie herum. Sie atmete tief die dicke Luft ein. Machte die Augen zu und fing an zu weinen, erst leise, dann laut und immer lauter bis ihr Kopf ein bisschen erleichtert wurde und die Luft dünner. „ Warum weine ich? “, fragte sie sich. „ Ich brauche nicht mehr zu weinen. Ich bin frei und nun nur für mich selbst da. Ich bin frei und glücklich. Ich brauche mich nicht mehr zu ärgern, Scheißkerl! “
Sie schaute heimlich durch das Fenster, nach dem Scheißkerl. Aber er war nicht da. Sie wollte nur sicher stellen, dass er endlich weg war.
Und er war weg. Sie blieb mühsam, stumm und ohne Bewegung. Vielleicht klopfte jemand an die Tür. Vielleicht klingelte das Telefon. Sie wartete in der Stille, vermied jedes Geräusch, nichts war zu hören. Nichts. Er war tatsächlich weg. Und sie war wahrhaftig frei. Das gewünschte Alleinsein war schließlich hergestellt. Sie hatte jetzt ihre Ruhe. Sie konnte sich fortan an wichtige Sachen konzentrieren. Der Streit war vorbei, der Nervenkrieg zu Ende.
Komm heiliges Alleinsein!


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Die Wohnung war durcheinander, wie ihre Gedanken. Überall herrschte Unordnung. Schmutzige Teller von gestern und vorgestern. Kleidungsstücke auf den Stühlen. Zeitungsblätter auf dem Boden. Trockene Blumen in Vase, mit gelblichem Wasser. Staub auf allen Möbeln. Trübe, dunkele Fenstern, Kaffeeflecken auf der Tischdecke und stickender Mülleimer.
Es sollte künftig keine Unordnung mehr in ihrem Leben geben. Es sollte eine neue Zeit beginnen, eine sinnvolle Zeit, mit Disziplin und Ruhe. Die gewünschte Ruhe. Endlich.

Die Aufräumungsarbeit tat ihr gut, ließ die Zeit unbeschwert vergehen, milderte ihr Zorn. Sie wichste die ganze alte Staub weg. Unterdessen warf sie ab und zu den Blick auf das Telefon, das nicht geklingelt hatte. Die Küche glänzte wieder nach vielen Tagen. Der Blick durch Sauberkeit der Wohnung war erfreulich. Die neuen Blumen strahlten lebendig in der Vase mit sauberem Wasser und die frische Luft, die durch offenes Fenster den Raum füllte, brachte ihr neue Hoffnungen.


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Es wurde Nacht. Mit ihr kam die Kälte und Dunkelheit. Die Fenster sollten geschlossen werden. Alleinsein wurde zur Einsamkeit und Einsamkeit bereitete sich aus. Sie warf noch einen Blick auf dem Telefon. Ihr fiel auf, dass Telefon den ganzen Tag nicht geklingelt hatte. Funktioniert es überhaupt?. Sie hob den Hörer ab. Ein ständiger Ton, nichts mehr war zu hören. Es wurde kälter. Sie schaltete die Heizung an. Nahm die Zeitung in die Hand und setzte sich hin. "Dieses verdammte Telefon klingelt immer noch nicht". Sie langweilte sich mit den Zeitungsartikeln. Ein Gefühl der Kälte packte sie an den Füssen. Sie rieb die Füsse aufeinander. Es half nicht viel. Die Kälte stieg an und umfasst ihren ganzen Leib. Sie rollte sich zusammen ein. Sie hasste den Frost und sehnte sich nach Liebe und Trost.
Kein Feuer der Welt konnte sie erwärmen. Die Einsamkeit, die ihr Stolz hätte sein können, lag ihr nahe zu erstarren. Sie machte die Augen zu und schlief ein.
Das war der Tag davor.

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Der Wind kam aus dem Süden, über Rhein, wie immer, schmeckte aber seltsam. Er drehte sich zwischen Bäumen, zog durch den Schlosspark, machte in Biebrich Runde, drehte sich weiter und wusste nicht wohin. Er wollte nur weg, weit weg von Wiesbaden.

.... Man braucht nicht immer zu wissen wo man hinfährt. Das Ziel ist nicht relevant. Wichtiger als das Ziel ist die Bewegung selbst. So wie der Wind es macht, ist richtig. Ein fester Punkt ist bedeutungslos, Stillstand und die Stunde Null.
Der Wind stirbt nie. Er kann nicht sterben. Er ist an keinen festen Ort gebunden und ist doch überall anwesend. So lange die Fahnen flattern, so lange die Blätter knistern, so lange der Rhein fließt und die Möwe ein Begriff ist, lebt der Wind weiter ... lieber wäre sie auf den Wind angestiegen und mit ihm fortgeflogen, ...


„ ... du musst selber wissen was du willst, mein Kind. Ich mache dir keine Vorwürfe. Keine kann dir was vorschreiben. Du bist ein Erwachsene. Ein vernünftiges Mädchen.
Weißt du! Das Leben achtet nicht auf uns. Wir müssen damit zurecht kommen. Wir müssen sein Spiel mitspielen. Letzte Entscheidung musst du selbst treffen ... “
Sagte ihre Mutter am Telefon und fügte hinzu: „ vergiss nicht, ich bin immer für dich da, was auch immer passiert. Ich liebe dich mein Mädchen. “
Sie fand keine Wörter mehr. Verabschiedete sich von ihrer Mutter. Nachdem sie aufgehängt hatte, fing sie an mit ihrer Mutter zu reden:
„ ... Warum? ... Warum Mutter hast du mich nicht gelehrt was Liebe ist? ... Warum hast du mich nicht davon gewarnt ... Woher sollte ich wissen, dass alles Lüge ist ... diese große Lüge ... diese dreiwörtige Lüge hat mich ruiniert ... Du hättest mir sagen müssen ... Du hättest mir von diesem Unheil behüten müssen. “

Sie zündete sich eine Zigarette und dachte nach:
„ ... Ich pfeife auf deine Philosophie ... wie oft habe ich deine Quatscherei herunterschlucken ... In Philosophie wird Suppe gekocht, eine kalte Suppe in einer leeren Küche. Die billige Suppe lässt sich teuer verkaufen. Sein Geschmack liegt in seiner Geschmacklosigkeit. Sie soll nicht nur satt machen, sondern auch heilen. Ich habe von deiner Suppe Bauchschmerzen bekommen und doch von grösser Erlösung geträumt. Erstaunlich wie leidenschaftlich diese Suppe eingenommen wird ...

Kein Philosoph auf der Welt kann sich selbst verstehen. Es ist überhaupt nicht nötig, und gerade das macht die Philosophen für andere Menschen interessant. Die Menschen sollen sich diese Denker und ihre Wörter zu begreifen zwingen und nicht umgekehrt. Und die Menschen zwingen sich all die Unsinne, die nun Philosophie heißt aufzunehmen ... Weißt du warum? ... Ganz einfach, weil wir uns über Lügen freuen. Die Lüge entspricht der menschlichen Seele. Man hört sie gerne. Man eignet sich diese an. Man fühlt sich verarscht und wird erleichtert. Du bist der grösste Philosoph ...
... Du Scheißkerl! ... “

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Der Tag war müde, machte unwillig der Nacht Platz und verschwand säumig hinter dem Horizont.
Das war der Tag danach und er ging ganz langsam vorbei, als wollte er überhaupt nicht vergehen.

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Und was war dazwischen ?
Dazwischen?? ... wusste sie nicht, wirklich nicht. Dazwischen war dunkel. Es gab nur eine Lücke, sonst nichts ; ein dunkles Indefinitum, in dem alles verschwindet. Das gibt es immer noch. Die Philosophie hat diese Lücke noch nicht geklärt.

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ENDE

Donnerstag, 12. Juni 2008

Aus meinem Tagebuch

12 Tage im Juni

Wer hätte so was gedacht? Seit gestern kann ich
nicht sitzen. Den Tag habe ich im Stehen verbracht. Es ist nicht
einfach. Probieren Sie es Mal! jetzt weiss ich diejenigen, die den
Stuhl, das Sofa oder die Bank erfunden haben, tatsächlich eine große
Leistung hervorgebracht haben. Dieses Geschehen hat meinen Blick auf
die Welt grundlegend verändert. In alles, was ich nun mehr in meiner
Umgebung sehe, finde ich einen Sinn, der mir vorher verborgen gewesen
ist. Ich weiss nun, dass ohne Stuhl, Tisch, Sofa, Brille, Teller, Schuhe
oder Papier mir etwas fehlen würde. Alle Gegenstände um mich herum
tragen eine Philosophie in sich. Meine Hose ist mir jetzt sehr wichtig
und meine Unterhose noch wichtiger. Für die empfinde ich einen tiefen
Respekt. Wie könnte ich weiter machen, wenn meine Hose sich weigern
würde von mir getragen zu werden. Nun aber weigern sich alle Stühle mir
einen Platz zu bieten. Es liegt zwar nicht ganz an den Stühlen. Zum
Teil liegt es an mir selbst. Ich habe eine Wunde am Po, seit gestern.
Dass
die Gegenstände sich gegen die Menschen wehren und sie ablehnen kommt
eher selten vor, das Umgekehrt aber andauernd. Ich erinnere mich, dass
ich manche meiner Kleidungsstücke nicht getragen habe, obwohl sie seit
langer Zeit sauber und gebügelt im Schrank stehen. Manchmal liegen die Obste
so lange auf dem Tisch bis sie schließlich verderben und ich muss sie
in den Mülleimer werfen. Oder viele Sachen, die ich für lange Zeit
vernachlässige bis sie nicht mehr verwendbar sind. Damit ist aber
erst mal vorbei. Nun bin ich gegenüber meinem bescheidenen Besitz
aufmerksam geworden. Ich bin freundlicher und zeige mehr Sympathie. Ich
bedanke mich von meiner Wohnungstür wenn sie sich öffnen lässt. Ich
bitte um Erlaubnis, wenn ich das Fenster öffnen will und ich küsse mein
Bett, wenn ich mich hinlege. Ist es eigentlich die Angst, die die
Menschen vernünftig machen? Angst vor Verlust und Verlassenheit?
Oder
ist es eine neue Weltanschauung, die hinter jede Erscheinung ein
lebendiges Wesen sieht, das Zuwendung und Achtung verlangt? Ich weiss nicht genau. Ich weiss aber wenn die Harmonie und Zusammenarbeit verschwindet, funktioniert nichts mehr.
Und ohne Gleichberechtigung kann es keine Harmonie geben und keinen Frieden. Und ich weiss falls eines Tages mein Kuli aufhören würde zu schreiben, weil er sich benachteiligt fühlen würde, dann wäre ich verloren.
Mein Stuhl hat mich gelehrt, dass die Kleinen, die Einfachen und Gewöhnlichen nicht weniger Gewicht haben als die Grössen und die Seltsamen. Mein kleiner Fahrrad ist nicht weniger Wert als das grösste
Flugzeug der Welt und ich soll es ihm merken lassen. Die Kleinen nutzen
viel mehr und kosten viel weniger. Es kann mir nicht schaden, wenn ich
nicht weiss was die Relativitätstheorie behauptet oder wie ein Supernova
vor sich hergeht. Aber wenn ich die alltäglichen Regeln nicht kenne,
bekomme ich immer böse Abszesse.
Alles begann am gestrigen Morgen
dem ersten Juni. Ich wurde aufgeweckt als die Handwerker bei ihrer
Arbeit im Haus zu laut waren. In Hochhäusern gibt es immer etwas zu
tun. Ich beklage mich nicht über den Krach im Haus sonst würde ich
wahrscheinlich den ganzen Tag schlafen. Ich schlafe immer zu spät,
niemals vor der Mitternacht. Besonderes im Bett gibt es viel zu tun.
Als
ich aufstand merkte ich nichts. Hände gewaschen und Zähne geputzt
öffnete ich den Kühlschrank auf der Suche nach etwas zum Frühstücken.
Der Kühlschrank war leer, die Marmelade stank fürchterlich. Das Datum
vom Butter war abgelaufen. So rächten sie sich an mir wieder. Tee und
Zwieback waren aber noch vorhanden. Wir waren uns in letzter Zeit ein
gutes Stück näher gekommen. Ich nahm die Teetasse in die Hand und ging
zum Tisch, auf dem das Päckchen Zwieback lag. Als ich mich setzen
wollte begann der grosse Horror. Mit einer qualvollen Wehklage sprang
ich vom Platz auf und war bitterlich erschrocken. Etwas hatte mich am
Po gebissen. Es war der erste Eindruck. Am Stuhl war nichts zu sehen,
keine Schlange, kein Skorpion, nichts. Ich ging erbleicht und
aufgeschreckt zum Spiegel, betrachtete den Po rechts und links und
entdeckte ein kleines rotes Punkt in der Mitte meines Pos . Ich tastete
es und spürte einen furchtbaren Schmerz. Wollte mein Po mich bestrafen?
Hatte ich ihn vernachlässigt? Hatte ich was Falsches getan oder gesagt?
Ich dachte nach und fiel mir nichts auf. Es ist zwar heutzutage nicht
ungewöhnlich, dass man bestraft wird ohne etwas angestellt zu haben.
Das Leben spielt launisch und ist manchmal merkwürdig. Dieses Spiel fand
ich aber nicht lustig. Ich hatte nicht viel Zeit darüber nachzudenken.
Machte mich fertig um raus zu gehen, natürlich ohne zu sitzen.
Jetzt hatte ich die grosse
Sorge den Tag ohne zu sitzen zu verbringen. Wie könnte ich den anderen
erklären, warum ich nicht sitzen kann, wenn sie mich baten mich
hinzusetzen. Sollte ich auf meinen Po hinweisen? Bestimmt würde jeder
darüber lachen, dann sollte ich noch genauer erklären was los war und
alle Augen würden sich auf meinen Po richten. Nein!
Es wäre ganz
peinlich. Aber wie sonst konnte ich erklären, dass ich nicht sitzen
konnte? Sollte ich behaupten, ich befand mich im Stehstreik gegen alle
Herrschaften, die nur an ihrem Tisch sitzen und nichts tun? Wer
interessiert sich überhaupt, das die Menschen streiken. Ausserdem ist es
lächerlich allein in Streik zu treten. Dafür brauche ich eine
Gewerkschaft, eine Gruppe der Gleichgesinnten, die lang genug auf den
Beinen bleiben und nicht aufgeben.
Auf einmal hatte ich eine geniale Idee, eine denagogische
Ausrede. Ja, ich fand es wahrhaftig. Ich konnte behaupten, dass ich
einem Glauben oder einer Religion angehöre, die mich verbietet vor dem
Sonnenuntergang zu sitzen. Warum auch nicht?
Es gibt genug Unsinn
auf der Welt. Es kann niemandem schaden, wenn ich auch Mal was
Blödsinnes erfinde. Es erregt keinen Verdacht. Zum ersten Mal in meinem
Leben entdeckte ich etwas Positives an Religion.
Das Problem scheint
gelöst zu sein. Ich konnte sogar behaupten, dass ich ein neuer Prophet
bin und würde mich nicht hinsetzen bevor ich die Herde der Menschheit
gerettet habe. Das wäre was. Das brauchte ich nicht zu klären oder
begründen und das ist was Gutes an jeder Religion. Es hilft immer, wenn
man überragende dumme Idee hat. Die Dummheit erleichtert die Seele.


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Ob ich von meinem grossartigen dummen Einfall Gebrauch gemacht habe weiss ich nicht. Und ich weiss auch nicht wie ich es fertig gebracht habe den sitzlosen Tag zu überleben.
Auf jeden Fall ist es mir gelungen, bis heute. Ja, es geht immer alles irgendwie.
Ich wundere mich masslos
über die Menschen, die nie sitzen können oder dürfen. Wie kann man
sitzen oder gar leben, wenn man ständig laufen muss um sein Brot zu
verdienen oder die Rechnungen auszugleichen, die nie aufhören das
Postfach zu verstopfen. In alten Zeiten dürfte man nicht in der Gegenwart
von Älteren, Oberen oder Königen sitzen. Es war undenkbar, unerlaubt
und sogar revolutionär. Man würde bestimmt bestraft. Kein König würde
es dulden und der König hatte immer Recht. Was für ein Unsinn. Ich
hasse alle Könige und alle Rechnungen. Ich liebe meinen Stuhl!!


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*******

Heute,
der zweite Juni um Ca. 7 Uhr morgens habe ich mich bei meinem Hausarzt
gemeldet. Zum Glück sind wenige Patienten in der Praxis und ich kann
sofort dahin.




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Die Praxis liegt auf der Flemming Str. in Parkfeld, in Stadteil Biebrich, ganz in der Nähe meiner Wohnung. Der Arzt untersucht mich und sagt es sei ein Abszess, ein Infektionkiste und soll von einem Chirurg behandelt werden. Er kann selber das nicht tun. Er schreibt mir einen Überweisungsschein und schickt mich zu einer Chirurgischen Praxis in der Galatea Anlage, mit der Bemerkung, dass es sich um einen Notfall handelt und soll sofort untersucht werden.
Um
8 Uhr bin ich in der Chirurgischen Praxis. Die Praxis befinden sich im
ersten Stockwerk der Anlage. Die Praxis sieht wie ein Flüchtlingslager
aus. Es herrscht ein wildes Getümmel, ein riesiges Gedränge. Das
Wartezimmer ist überfüllt. Nicht nur alle Stühle sind besetzt, auch in
Zwischenräumen stehen Patienten. Der Flur und der Raum vor der Anmeldungstheke sind genauso voll. Ausserhalb der Praxis warten auch einige Patienten.
Zwei Ärzte und vier Schwestern arbeiten im Schnelltempo. Alle sind in Bewegung. Die Ärzte kommen aus einem Operationszimmer raus legen die Akten in einen kleinen, flachen Kasten, neben der Zimmertur,
erteilen Befehle an die Schwestern, gehen zur anderen Tür, nehmen die
neuen Akten aus dem Kasten und gehen ins Zimmer rein, dabei werfen sie ihren
Blick auf die Getümmel und freuen sich auf so viele Patienten. Die
Schwestern kommen nur Schwester mit soviel Arbeit zurecht. Zwei von
ihnen bewegen sich ständig zwischen den Operation Räumen und der Theke,
nehmen die Akten ab und versorgen die Kasten mit neuen.
Sie müssen auch den Ärzten bei Behandlungen zur Hilfe kommen.
„ ... wo bleiben die Laborwerte ...“ , ruft der eine Arzt. „ ... sofort Herr Doktor ... “
erwidert
eine Schwester. „ ... Die neue Röntgenaufnahme ...“ verlangt er
weiter. „ ... im Zimmer 2 brauche ich Hilfe ...“ ruft der andere Arzt.

... klein Moment Herr Doktor ..., keine ist momentan frei ...“. antwortet die
Schwester am der Theke, dabei fällt ihr eine Akte aus der Hand. „ ...
ich brauche aber jetzt Hilfe, was macht ihr vier?“
Die Schwester an der Theke hat die Hände, den Kopf, die Schulter und den Mund voll.
Es ist bewundernswert, mit welcher Geschicklichkeit, sie ihre vielfältige Arbeit bewältigt.
Ihre
linke Hand sucht oben in einem Kasten nach Akten. Die rechte Hand
ordnet die Akten am Tisch und schreibt Anmerkungen auf ihre Umschläge
oder füllt Formularen aus. Auf der linken Schulter hält die Schwester
mit ihrem nach links gebogenen Kopf den Hörer und gleichzeitig führt
sie die Telefongespräche. Ihre Hände fungieren automatisch. Sie braucht
nicht anzusehen ob die Hände die richtigen Akten bearbeiten. Ihre Hände
sind selbständig. Es wird hier nach Akkord- Prinzip gearbeitet. Die
Belegschaft scheint mit der Arbeit überfordert zu sein. Der eine Arzt
bleibt jedoch ganz ruhig, macht sich lustig und lebendig: „ ... ich
brauche Arbeit Schwester ...“
„ ... bald ist Mittag und ich habe noch nicht hundert Stücke geschafft ...“ ,
„ ... was für ein ruhiger, gemütlicher Montag ...“
Man
sieht, dass er seine Arbeit geniesst. Entspannt und gelassen macht er
weiter und motiviert auch die anderen. So wie er arbeitet, könnte man
sagen, er ist geboren um Arzt zu werden, für ihn gibt es keine andere
Alternative. Und ich denke bei mir, jede Beschäftigung adelt den
Menschen, wenn er sie leidenschaftlich betreibt. Er muss aus Süden
kommen, vielleicht aus Italien, soviel Temperament findet man kaum
woanders. Er muss ein Südländer sein. Später erfahre ich, dass er aus
Rumänien kommt.
Endlich bin ich an der Reihe mich anzumelden. Ich
erkläre schlicht und einfach was mit mir los ist und betone, dass es
ein Notfall ist.
„ ... Bitte tragen sie ihren Namen hier ein ...“ ,
sie gibt mir eine Auflistung von ca. 30 Eintragungen und fügt hinzu: „
... alle diese sind Notfälle, sie mussen Geduld haben. Alle Termin sind
heute voll. Nach dem Patienten, die einen Termine haben, wird die Liste
aufgerufen ... “, „ ... ein paar Stehplätzen im Wartezimmer sind frei
... “, ruft eine Arzthelferin und bittet die ausserhalb der Praxis
stehenden Patienten rein zu kommen. Eine junge Dame mit einem kleinen
Kind im Arm kommt aus dem Wartezimmer raus, wütend und aufgebracht: „
... Ich warte seit zwei Stunden und ich habe einen festen Termin ... “,
„ ... es ist eine Frechheit, ich habe auch anders zu tun als hier zu
warten ...“.
„ ... In Zukunft sollen sie noch länger warten meine
Liebe, wir haben die Öffentlichkeit schon gewarnt aber keine hat es
ernst genommen. Sie sollen sich bei Frau Gesundheitsministerin beschweren ... “. Sagt der Arzt im Vorbeigehen und verschwindet hinter einer Tür.
-
„ ... man kann nicht wissen wie lange es bei der einzelnen Patienten
dauert und wir haben auch viele Notfallpatienten ..., sie sollen Geduld
haben ..., tut mir Leid ...“, versucht die Schwester an der Anmeldung
sie zu besänftigen. Nach zwei Stunden im Flur komme ich ins Wartezimmer
und bleibe auch hier zwei Stunden stehen. Zum Glück gibt es einige
Patienten, die ebenso nicht sitzen können, so falle ich nicht auf. Ich
nehme ein paar Zeitschriften in die Hand und blättere in ihnen. Jede Menge
Zeitschriften voller nützlichen Raten und Werbungen für Frauen: ... wie
man Gewicht abnehmen kann ohne zu hungern, ... wie man für immer jung
bleiben kann, ...wie soll man die Falten bekämpfen, ... welche neue Beuty
- Produkte auf dem Markt sind, ... welche Farbe im Trend ist, ...
ausführlicher Bericht über den letzten Ball der Prominenten und ihre Glamour
, ... ein paar Tipps für Abendkleider und welche Farbe und welche
Frisur zu welcher Tageszeit passt, ... wie kann man seinen Hund
verwöhnen und wie sollen die Mahlzeiten der Katze gestaltet sein. Und
unzählige Kauf befehle: „ ...Denk an dich ...“
„ ... Du bist es wert ...“, „ ... ich fühle mich wohl mit ...“


******


- „ ... Der Herr mit der Wunde auf dem Po bitte! ...“

höre ich eine Schwester laut rufen und beinahe fällt mir die
Zeitschrift aus der Hand. Ich komme schnell wieder zu mir und
beschäftige mich weiter mit den Zeitschriften. Alle Anwesenden schauen
einander an und lächeln. Keine vermag angesprochen zu sein und ich
überhaupt nicht. Eine jämmerliche Lage. „ ... wer hatte Po schmerzen?
...“,
da keine sich meldet ruft sie den nächsten Namen und ich fühle
mich erleichtert. Ich bleibe noch einige Minuten da und nach dem der
Vorfall vergessen ist gehe ich langsam aus dem Wartezimmer raus und
melde mich: „ ... haben Sie mich gerufen? Ich habe nicht bemerkt ...“.
Die Schwester nimmt die Liste in der Hand. Ihr ist schwer meine Namen
auszusprechen. Ich sehe, dass sie den Bleistift bei meinem Namen
gehalten hat. „ ... ja, das bin ich ...“ sage ich schnell bevor sie
weiter Theater macht.
- „ ... ins Zimmer zwei bitte, der Arzt kommt
gleich ...“ . ich gehe sofort rein, hinter mir erscheint der Arzt. Er
ist mein Lieblingsarzt.
- „ ... Bitte auf dem Bauch und Hose runter ...“, dabei zieht er seiner Handschuhe an.
Ich lege mich hin und mache ein kleines Stück vom Po frei. Er kommt zu mir, macht das Licht über das Behandlungsbett
an und zieht meine Hose ganz runter. Jetzt glänzt mein ganzer Po im
starkem Licht. Er untersucht die Problemzone, druckt leicht auf die
Wunde und merkt, dass es mir wehtut. „ ... Es ist ein Abszess ...“, sagt
er.
„ ... Es muss aufgeschnitten werden ...“, er studiert weiter meinen Po.
„ ... Ich muss tief rein um die Ursache entfernen zu können
...“. er singt ein fröhliches Lied und holt sich seine Werkzeuge. „ ...
Es tut aber nicht Weh, du bekommst Betäubungsmittel ...“
Ich frage ihn woher ich diesen Abszess bekommen habe und was die Ursache ist.

... du muss es dir so vorstellen: als lieber Gott dich geschöpft hat,
warst du eine einzige Zelle, wie ein Ball, ein leerer Ball. Dieser Ball
wurde im Laufe der Evolution abgeplattet , dann ist er gefaltet worden,
dann warst du wieder ein leerer Ball. Dann wieder gefaltet und so
weiter. Dabei wurden in den Zwischenräumen Fremdkörper gefangen
geblieben, zum Beispiel ein Stück Haar. Diese Fremdkörper verursachen
dann solche Wunden. Alles klar? ...“
„ ... Nein! Nichts ist klar.
Warum hat lieber Gott mich so komisch geschöpft? Was habe ich vom
leeren Ball? Ich wäre lieber eine Flasche leer! ...“
In diesem Moment bekomme ich zwei Spritzen und vergesse was ich sagen wollte.
„ ...Ja, junger Mann, es ist unangenehm. Aber es gibt schlimmeres auf der Welt. Glaub mir ...“
Ich habe keine andere Wahl als an ihn zu glauben.
„ ... Ziehen Sie ganz kräftig die zwei Teile auseinander, ich muss tief runter ...“, befiehlt er seine Assistentin. Ich fühle, dass vier Hände an meinen Po arbeiten und versuche an was schönes zu denken.
„ ... Die Arbeit eines Arztes ist nichts anders als die einer Hausfrau, meine Lieb ...“, erzählte der Arzt seiner Assistentin. „ ... Unsere Werkzeuge sind genauso wie die einer Küche. Man muss mit Messer, Schere, Spiess, Dosenöffner, Nadel und Ähnliches umgehen können ... Schneiden, Nähen, Aufräumen, Wegwischen und Po waschen gehören genauso zu unseren Aufgaben ... Nur wir Ärzte verdienen bisschen mehr als die Hausfrauen ...“.
Die Assistentin amüsiert sich an das Gespräch und vergisst nicht immer kräftiger an meinem Po zu drücken.
„ ... Siehst du, hier sie die richtige Stelle. Bis dahin muss der Nadel rein und von hier kommt er wieder raus, dann ist der Nat perfekt.“
„ ... Nun junger Mann, ist das Loch am Arsch wieder zu. Vorerst ist es fertig. Du muss morgen zur Kontrolle wieder kommen ...“, diesmal spricht er mich an.
„ ... du hast es sehr gut gemacht. Ich liebe es , wenn der Patient ruhig bleibt und unsere Arbeit nicht stört. Ich weiss nicht wer du bist und was du machst aber als Patient bist du wunderbar ... komm wieder zu uns, wenn du uns brauchst ... Es mir eine Vergnügung an deinen Arsch zu arbeiten ...“.
„ ... Es ist nicht zu glauben, dass so ein kleine Wunde eine so Größe Operation benötigt und so viel zeit kostet ...“, unterbreche ich ihn vorsichtig.
„ ... ha, ha, ..., das nennst du Operation? ... Es war keine Operation ... Es war ein Eingriff ...“ sagt der Arzt und wendet er sich an seiner Assistentin und fragt sie: „ ... Weisst du was ein Eingriff ist? ...Nein? ... Ich sage es dir ...
... Als ich nach Deutschland kam, damals, lange her, vor fünfzig Jahren, vielleicht noch länger, damals herrschten hier ganz andere Verhältnisse. Damals haben wir nur gebrauchte Kleidungen gekauft. Keine könnte es sich leisten neue Klamotten zu kaufen. Es war ein Luxus was Neues zu haben. Als ich zum ersten Mal arbeitete und Geld verdiente, entschied ich mich voller Stolz neue Unterhosen zu kaufen. Ich ging in ein Geschäft und wollte ein Paar neue Unterhosen. Darauf fragte mich der Verkäufer: „ ... mit Eingriff oder ohne? “
... Weisst du dieser Begriff kommt aus Militär und ist später auf männliche Unterhose übertragen ... Es bezeichnet eine strategische Stelle, die für jegliche Operation geeignet ist ... Jetzt weisst du was Eingriff heisst ...“

*******

Am Donnerstag 12 Juni bin ich wieder im Praxis und hoffentlich zum letzten Mal. Heute sollen die Faden raus gezogen werden. Es ist mein viertes Besuch in dieser Praxis und wünsche mir nichts anderes als, dass das Kapitel Po endlich abgeschlossen wird.
„ ... Bitte nehmen Sie ein kleines Moment Platz ...“, sagt mir das anmutige Mädchen an der Anmeldung. Inzwischen weiss ich was „ ein klein Moment „ in dieser Praxis heisst.
Bei den letzten Besuchen haben diese kleine Momente nicht weniger als drei Stunden gedauert. Die Leute hier gehen sehr grosszügig mit der Zeit um, natürlich mit der Zeit der Patienten. „ ... Soll ich vielleicht später kommen? Das Wartezimmer ist Voll. Es dauert bestimmt, bis ich daran bin ...“ frage ich sie.
„ ... Ja, Sie können in zwei Stunden wieder kommen, dann dauert es nicht mehr lange ...“
Nach zwei Stunden komme ich wieder in die Praxis. Ich höre sofort eine bekannte Stimme und weiss, dass ein Lieblingsarzt heute wieder da ist.
„ ... Ich brauche jemanden, der sich um mich kümmert ..., Warum kümmert sich niemand um mich? ..., ... meine liebe Schwestern, warum habt ihr mich verlassen? ...“
Diesmal warte ich weniger als zwei Stunden im Wartezimmer und werde dann in ein Operationzimmer geschickt. Der Arzt wird angeblich irgendwo gehindert und lässt mich warten. Zwei Schwestern kommen rein und wollen die Faden raus ziehen. Man weiss nicht wie lange es dauern würde bis der Arzt zu mir kommt.
Ich lege mich auf dem Bauch hin und mache den Po frei.
„ ... Die sehen gut aus ..., siehst du, diese alle hier müssen wir raus ziehen ...“, sagt eine der anderen und fangen zusammen an zu schneiden und ziehen.
„ ... Au, ... Au, ...“, schreie ich vom Schmerzen zum Himmel. „ ... Warten wir lieber bis der Arzt kommt, ich finde den Faden nicht ...“.
Die Schwestern unterbrechen ihre Arbeit und holen den Arzt ab.
„ ... Gib mir eine Schere und einen Klammer ... „, sagt der Arzt, während er die Stelle untersucht. „ ... was habt ihr gemacht meine lieben ...“, fragt er die Schwester.
„ ... Wir haben ein paar Faden raus gekriegt die anderen waren aber schwer ...“, antwortet leise eine der Mädchen.
„ ... Nein! ... ihr habt dem Man seine Haare raus gezogen! ...“ , schreit laut der Arzt und nun weiss ich warum es so sehr weh getan hat. Die Schwester wehrt sich aber: „ ... Was kann ich dafür, dass der Mann soviel Haare am Po hat?? „, und die andere fügt hinzu: „ ... Seine Haare sind so dick wie Faden, da kann man eine mit der anderen leicht verwechseln ...“.
„ ... Ihr arbeitet in einer Chirurgischen Praxis, nicht in einem Frisur-Salon! ...“
Beschwert sich der Arzt und beschäftigt sich weiter mit dem Naht.
„ ... Nun junger Mann, du hast eine Extraleistung von uns bekommen. Das Haar entfernen bezahlt die Versicherung nicht. Das soll man eigentlich selbst zahlen. Aber du brauchst es nicht zu zahlen nur, weil du ein braver Patient bist ... unsere Arbeit kommt hier zu Ende, ... ich wünsche dir und deinem Arsch Alles Gute ...“

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Ich verabschiede mich von dem Arzt und den Schwestern und verlasse die Praxis. Hinter mir höre ich den Arzt wieder laut:
„ ... Mein Gott warum hast du mir nur zwei Hände geschenkt ..., ich brauche immer vier, ... Schwester wo bleibst du ...“.


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ENDE

Sonntag, 8. Juni 2008

Aus meinem Tagebuch

------- Aus meinem Tagebuch:

** 9. Mai **

Ich stehe wie der dumme August vor dem Fahrkartenautomat und will eine Fahrkarte nach Wiesbaden. Zweimal habe ich die Anweisungen am Automat gelesen und zweimal habe ich die falschen Nummer getippt. „ Bitte geben sie die richtigen Zielnummer an! „
Meldet der Automat wieder. Bin ich blöd?
Wahrscheinlich ja !
Ich bin am Südbahnhof in Frankfurt. Es ist Frühabend und ich will endlich nach Hause. Ein langer Tag war es. Ein langer Tag am „ Goethe Institut“ . Und ich habe die ganze Zeit nur geschrieben, ohne zu denken. Es war ein Wettmarathon. Eine sinnlose Schreiberei kommt es nur vor.
Heute bin ich eine Schreibmaschine gewesen. Ich habe aber nur das geschrieben, was die anderen von mir verlangt haben und nicht das, was ich selber will. Heute war ich eine vorgesteuerte Maschine. Ursula hatte mich vorprogrammiert.
„ .... Bitte geben sie die richtige Zielnummer .... “ meldet kaltblütig wieder der Automat. Ich bin kaputt, fix und fertig. Dieser langer Tag hat mich kaputt gemacht. Kein Wunder, dass ich jetzt durcheinander bin. Aber dieser Automat ist noch dummer als ich. Es sinnvoll, wenn Ursula einmal die ganze „ Deutsche Bahn “ neu programmieren würde.
Beim nächsten Versuch tippe ich die richtige Nummer für Wiesbaden. Es ist 65. Dann kommt die nächste Etappe. Bin ich Erwachsener oder Kind?
Zwar verhalte ich mich manchmal wie ein Kind, aber das ist hier nicht entscheidend. Und ich bin heute ein Schulkind gewesen. Ein Schulkind, das bis zum Schweißen geschrieben hat. Aber das zählt ebenso nicht. Ich bekomme keine Ermäßigung, muss also den vollen Preis zahlen. Jetzt stellt sich die nächste Frage. Einzelfahrt oder was anders .....
Ich hasse die Fragen. Ich bin heute unter einer Unmenge von Fragen zerquetscht worden.
Ich will keine Fragen mehr. Ich will ein Leben ohne Fragen. Ein fragenloses Dasein. Ich wünsche mir nur noch Antworten. Ein Leben voller Antworten. Und Antworten ohne Fragen. Und ich träume von einem Leben ohne Fahrten, ohne Wege, nur mit Ziel. Mit vielen Zielen. Auf einmal fällt mir ein, dass ich immer unterwegs gewesen bin ohne ein Ziel erreicht zu haben, ohne irgendwo zur Ruhe gekommen zu sein. Nur unterwegs, unablässig unterwegs, wie ein Ahasver, wie der „ Ewige Jude “ ... „ Correr es mi destino “ , würde Gloria sagen.
Der Spaß mit dem Automat ist immer noch nicht zu Ende. Sechs Euro und fünf und siebzig Cents verlangt er für die Fahrt nach Wiesbaden.
Nicht nur Menschen, sondern auch die Maschinen, die Metalle und die Steine pumpen uns aus. Alle wollen unser Geld. Und alle wollen immer mehr. In der Regel bekommt man Geld nur einmal in Monat aber jeder muss täglich hunderte Male zahlen. Mir wäre es lieber, wenn ich ständig was bekommen und einmal im Monat zahlen sollte.
Ich schaue nochmal den Preisanzeiger an. Er zeigt immer noch 6,75 € und ich ärgere mich. Ich komme auf die Idee diesmal schwarz zu fahren. Soll ich schwarz fahren und ein paar Euros sparen? Ich verzichte darauf. Nicht, weil ich ehrlich bin oder es unfair finde, sondern vor Angst. Angst von Ärger. Ich könnte dadurch mehr Ärger bekommen.
Für heute aber habe ich genug gehabt. Ich erspare mir lieber Ärger und bezahle diesem geldgierigen Automat den Fahrpreis. Also wird heute mit Schwarz fahren nichts. Aber wenn ich nicht Schwarz fahre, wie fahre ich dann? Fahre ich Weiß? Fahre ich bunt? Oder fahre ich antischwarz? Warum heißt es eigentlich Schwarz fahren? Wieso hat sich dieser Ausdruck durchgesetzt? Hat sich jemand dafür entschieden? Wer entscheidet über unsere Terminologie?
Muss unbedingt alles, was uns nicht gefällt schwarz sein? Alles, was unbeliebt, unfair, unangenehm oder Unsinn ist, muss schwarz heißen? Warum heißt es nicht, sagen wir mal, Weiß fahren oder Blond fahren oder gar Blöd fahren?
Blond fahren hört sich besser an. Das würde ich öfter tun. Heute wird jedoch antischwarz gefahren. Ich habe sowieso bezahlt.
Am Gleis vier steige ich ein. Es ist die S-Bahn Linie fünf Richtung Friedrichsdorf.
Es ist ziemlich leer. Es gibt jede Menge Platz und ich kann zwischen den vielen Sitzmöglichkeiten wählen. Es ist das erste Mal an diesem Tag, dass ich freie Wahl habe. Es ist ein gutes Zeichen. Es ist sehr erfreulich, wenn man viele Möglichkeiten hat, wenn man viel Platz hat. Man fühlt sich leichter und man wird ruhig. Da ich die Freiheit zur Wahl habe suche ich mir einen günstigen Platz am Fenster und mache es mir bequem.
Es ist Mai. Ich weiß nicht ob der 9. Tag des Monats zu seinem Anfang oder zu seiner Mitte gehört. Vielleicht zu beiden, vielleicht aber zu keinen. Auf jeden Fall es ist ein sonniger warmer Maitag. Da die Sonne direkt auf mich scheint, wechsele ich meinen Platz. Unter der Sonne wird mir unbehaglich. Mir wird zu warm. Die Sonne brauche ich nie mehr im Leben. Ich habe genug getankt.
An der Hauptwache muss ich umsteigen. Die S-Bahn Linie 8 fährt weiter nach Wiesbaden. Ich steige ein. Diesmal ist der Zug voll. Ich finde nur schwer einen freien Platz. Viele anderen müssen stehen bleiben. In jeder Station steigen mehr Leute ein als diejenigen, die aussteigen. Es wird wärmer und wärmer. Ich ziehe meine Jacke aus. Es hilft nicht viel. Am Flughafen steigen viele Gäste aus aber werden sofort durch neue Gesichter ersetzt. Der Zug bleibt voll und fährt weiter. Eine elegant gekleidete Blondine nimmt mir gegenüber Platz. Sie hat einen Hosenanzug an und schleppt einen Pilotkoffer mit sich. Ihr Anzug ist dunkelblau, fast schwarz. Um den Hals trägt sie ein gelbes Halstuch, das sorgfältig gewickelt und vorschriftsmäßig geknotet worden ist. Die Blonden Haare hat sie am Hinterkopf zusammen gebunden. Sofort holt sie einen kleinen Spiegel aus der Tasche raus. Macht die Harre zu recht, kontrolliert ihr Gesicht und ihren Sakko und macht sich frisch. Sie wirkt sich selbstbewusst, sicher, voller Energie und ignoriert alles um sich herum, als wäre sie allen anderen überlegen. Sie ist sicher, dass sie Aufmerksamkeit erregt hat und weiß genau, dass viele Blicke auf sie gerichtet worden sind.
Sie nimmt ein Taschenbuch in die Hand. Legt das rechte Bein auf das Linke. Dabei bewegt sich ihr kleiner Köpf nach hinten und ihre mächtige Hüften nach vorne in meine Richtung. Einen kurzen Augenblick treffen sich unsere Blicke. Sie zieht sich etwa zurück und ich sehe sofort in eine andere Richtung weg. Ihr Augen sind grün, wie die einer Katze, scharf und giftig. Ich will ihre Augen genauer anschauen, wage es aber nicht, vielleicht später. Sie vertieft sich in ihr Buch und ich vergesse sie eine Weile.
Ich werde wieder auf sie aufmerksam, als sie sich ein Paar Mal bewegt und tief atmet.
Man merkt, dass es ihr zu warm ist. Sie nimmt wieder eine stabile Sitzpositionen, fünf und vierzig Grad, Richtung Nordosten. Diesmal macht sich die andere Hälfte ihrer Hüfte bemerkbar. Sie öffnet den obersten Knopf an ihrem Hemd und ich warte auf den zweiten. Ich finde die Temperatur in der S- Bahn warm genug. Man könnte eigentlich mehrere Knöpfe öffnen. Sie öffnet den zweiten und ich warte auf den dritten.
Das passierte aber nicht. Sie merkt, dass ich sie beobachte. Sie schneidet Grimasse und ohne was zu sagen schimpft sie mich lautlos nur mit ihren giftigen Augen. „ Du mich auch “ erwidere ich in meinen Gedanken. Ich würde ihr was sagen aber ich halte mich zurück. Sie könnte mir eine Ohrfeige verpassen, denke ich bei mir. Der Abstand zwischen uns ist gering, nur ein Katzensprung.
Sie zieht den Sakko aus, dabei sieht sie, dass ein Knopf locker ist. Sie verliert keine Zeit. In der Tasche hat sie eine ganz kleine, flache Packung, nicht großer als ein Quadrat von 5- Zentimeter Länge. Vier oder fünf Nadeln in verschiedenen Größen und Fäden in unterschiedlichen Farben sind die Bestandteile dieser Packung. Es ist erstaunlich, was sich alles in einer kleinen Kulturtasche einer Dame befindet, sehr praktisch und nützlich. Eine Blondine ist für jede böse Überraschung vorbereitet. Sie sucht die richtige Nadel und wählt einen passenden Faden. Der Faden lässt sich nicht leicht ins Loch stecken.
Die ersten zwei oder drei Versuche scheitern schnell, da der Zug sich unstetig nach vorne bewegt. Sie beißt kräftig an Faden und überprüft noch einmal das Loch an der Nadel, konzentriert sich, holt tief Luft, macht die Augen weit auf, nimmt sich Zeit und versucht nochmal das Loch zu erobern.
Der Faden stößt gegen den Lochrand und verfehlt das Ziel. Das Loch ist einfach zu klein. Kleine Löcher sind nicht immer vorteilhaft. Vielleicht ist der Faden zu dick, oder die Konstellation ist ungünstig. Dem Anschein nach sind diese Instrumente für eine Näharbeit im Zug nicht geeignet. Aber eine emanzipierte, moderne Dame gibt nicht einfach auf. Sie weiß sich zu helfen. Sie beugt sich nach vorne in Sonnenlicht, positioniert den Faden und den Nadeln und wartet auf einen günstigen Augenblick. Der Augenblick kommt und die Blondine verletzt sich. Die Nadelspitze trifft ihren Finger. Es ist der wichtigste Finger. Der grösste, der in der Mitte sitzt.
Ein Tröpfchen Blut kommt raus. Sie bekommt Angst. Schnell steckte sie den blutenden Finger in den Mund und saugt auf. Der Finger bleibt vorerst da, bis sie wieder zu sich kommt. Sie holt den Finger raus und betrachtet ihn von allen Seiten. Er ist sauber. Das Blut hat ihr gut getan. Beim nächsten Versuch besiegt sie das Loch und führt den Faden erfolgreich hinein.
Jetzt fängt sie mit der Näharbeit an. Zuerst fixiert sie den Knopf richtig am Platz, mit kleinen Drehung nach links, nach rechts und in allen Himmelrichtungen und näht. Sie zieht den Faden kräftig hin und her und probiert jedes mal die Festigkeit und die Position des Knopfes. Mit Pedanterie und Spinneneifer macht sie weiter.
Es gibt nichts wichtigeres auf der Welt als ein kleiner, runder und schwarzer Knopf auf dem Sakko einer Blondine, die in einer S -Bahnzug von Frankfurt nach Wiesbaden fährt. Und es gibt keine größere Herausforderung auf der Welt, als diesen Knopf in einem auf dem Schienen polternden Zug, vorschriftsmäßig zu nähen. Die Formanzuge sind ein wesentlicher Teil des Arbeitsdisziplins und wer sich für Disziplin einsetzt weiß genau, dass jeder Knopf fest und sicher sein muss.
Ein Knopf muss gegen alle Belastungen widerstandsfähig und beständig sein. Der Knopf am Sakko ist schon gegen jede Spannung befestigt. Trotzdem fährt die Blondine ein paar Mal durch die Löcher des Knopfes und erhöht so den Sicherheitsfaktor . Jetzt ist der Knopf nicht nur gegen Druck und Tension ,sondern auch gegen Biegung und Torsion und überhaupt gegen alle Belastungsformen stark und stabil.
Sie verdient einen Applaus, der nicht kommt, denn die Welt ist nicht immer gerecht. In diesem Moment erreicht unser Zug den Hauptbahnhof Mainz.
Die Mehrheit der Passagiere steigen aus. Nur wenige bleiben im Zug, die Blondine bleibt auch sitzen. Sie ist also eine Wiesbadenerin. Anders konnte es nicht sein. Es ist unverkennbar woher sie kommt. Man kann ihren Herkunft in ihren Augen, in ihren schiefen Blicken ablesen.
Ihre Selbstbewusstsein, ihre Ausstrahlung, ihre Überlegenheit, ihre süße, nach oben gerichtete Nase, vor allem aber ihre Entfremdung und insbesondere die festen und professionell eingesetzten Knöpfe an ihrem Sakko rufen laut: „ ich bin eine Wiesbadenerin “.
„ Nächste Halt. Wiesbaden Hauptbahnhof. Endstation. Bitte alle aussteigen “, hört man den Lautsprecher mitteilen. Alle machen sich bereit auszusteigen. Als die Blondine aufsteht, fällt ein Knopf von ihrem Sakko auf dem Boden. Sie hebt ihn auf und lächelt lustig aber mit viel Selbstbeherrschung. Es ist nicht so schlimm. Sie hat nur den falschen Knopf genäht!!

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ENDE